Die Luftschiffahrt

aus dem Buch: "Die neuesten Erfindungen"

 

An dieser Stelle möchte ich mich bei Detlev Griese bedanken, der mir die Kopien vom Kapitel über die Luftschiffahrt zur Verfügung gestellt hat.

 

Der Text beginnt mit den Schilderungen der ersten Flugversuche und endet mit der Beschreibung der lenkbaren Luftschiffe. Natürlich werden auch den Drachen einige Abschnitte gewidmet.

Leider befinden sich im Buch keinerlei Angaben über das Erscheinungsdatum. Die jüngste Jahreszahl, die erwähnt wird, ist 1912. So kann man wohl davon ausgehen, dass das Buch im gleichen Jahr, oder im Jahr darauf, erschienen ist.

 

 

 

Die Luftschiffahrt.

Ursprünge der Luftschiffahrt.

Die Luftschiffahrt ist jung. Am 5. Juni 1908 waren es genau 125 Jahre, daß der erste Luftballon in den Lüften sich wiegte, wovon im nächsten Abschnitte noch eingehender die Rede sein soll. So verhältnismäßig jung also dieses Bestreben ist, der Wunsch des Menschen sich dem Vogel gleich hochan zu erheben, unabhängig von der Scholle im Fluge ferne Ziele zu erreichen, ist alt und dürfte schon frühzeitig seine Phantasie erregt haben. Allerdings wissen wir wenig oder fast gar nichts von dieser Sache aus alten Tagen; und dieses wenige besteht nur aus Sagen und Legenden. Erst aus dem 13. Jahrhundert wird erzählt, daß sich ein Mechaniker eine Flugmaschine mit künstlich schlagenden Flügeln gebaut habe. Doch wurde uns keine Kunde von seinen etwaigen Erfolgen der Luft bewegten, auch einen hölzernen Adler, den er Kaiser Friedrich III. entgegenfliegen ließ. Ende desselben. Im 15. Jahrhundert stellte der deutsche Johann Müller eiserne Fliegen her, die sich kurze Zeit in Säkulums soll sich Johannes Baptista Dantes Flügel verfertigt haben und damit mehrere Male den Trasimenischen See überflogen haben. Ähnliche Versuche machten auch der Jesuit Backwell zu Padua und der Benediktiner Olivier de Malmesbury in England, verunglückten aber dabei, was noch von mehreren anderen berichtet werden kann.

Im 17. Jahrhundert wollte Caspar Schott die Luftschiffahrt herstellen, begründet auf Mandozas Lehre, daß Feuer dünner und leichter als Luft sei. Schott meinte nun, daß so, wie das Wasser schiffbar sei, wo es an die Luft grenze, müsse auch die Luft schiffbar sein, wo sie, seiner Annahme nach, an das Feuer grenze. Er glaubte also sozusagen solches von einer Äthergrenze aus erreichen zu können. Natürlich hatte diese Phantasterei keinen praktischen Wert.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts erschienen mehrere Schriften über Luftschiffahrt oder Aeronautik, von denen die des gelehrten Mönchs Baco in England besondere Aufmerksamkeit erregte. Er wollte eine Flugmaschine mit zwei hohlen luftleeren Kugeln herstellen, scheint jedoch damit zu keinem besonderen Ergebnis gekommen zu sein. Im Jahre 1709 machte der portugiesische Mönch Gusman ähnliche Versuche, und es soll ihm gelungen sein, einen mit Papier überzogenen Weidenrutenkorb bis zu einer Höhe von etwa 100 m aufsteigen zu lassen. Näheres darüber ist uns nicht bekannt geworden, es will jedoch scheinen, daß er damit unseren Luftballonen ziemlich nahe kam. Um 1750 wies Pater Galien zu Avignon auf die Möglichkeit hin, daß ein großer, mit Teer und Wachs bestrichener Leinensack in der Luft schweben könnte, wenn man ihn in ein höheres Luftgebiet brächte und dort mit der leichteren Luft füllte. Galien kam mit dieser Annahme dem Erreichbaren schon einigermaßen näher. Mehr noch erfolgte dies durch Black zu Edinburgh, der, nachdem Cavendisch die größere Leichtigkeit der heißen Luft entdeckt hatte, 1766 die Behauptung aufstellte, daß mit dieser leichteren Luft gefüllte Blasen aufwärts steigen mußten. Angeregt hiervon unternahm 1782 der Italiener Cavallo praktische Versuche, die einiges versprachen und vielleicht seinen Namen mit der Einführung der Luftschiffahrt enger verbunden hätten, wenn nicht im nachfolgenden Jahre die Gebrüder Stefan und Josef de Montgolfier, Papierfabrikanten zu Annonay in Frankreich, mit ihren glücklichen Versuchen aufgetreten wären.

Die Luftschiffahrt im 18. und 19. Jahrhundert.

Nach einigen Versuchen füllten die Gebrüder de Montgolfier am 5. Juni 1783 einen dicht gemachten Ballon mit durch Strohfeuer erwärmter Luft und ließen ihn zum Erstaunen aller Zuschauer bis zu einer Höhe von etwa 2000 m steigen. Dieser Vorfall erregte in Frankreich große Aufmerksamkeit und fand rasch auch Nachahmer. Schon am 27. August desselben Jahres ließ zu Paris der Physiker Professor Charles in Anwesenheit von mehr als 40.000 Personen einen ähnlichen Luftballon steigen, der jedoch mit Wasserstoffgas gefüllt war, daß vierzehnmal leichter als atmosphärische Luft ist. Auch dieser Ballon erreichte eine bedeutende Höhe und ging bald infolge eines Risses in einer Entfernung von etwa 40 km nieder. Seither werden die mit erwärmter Luft gefüllten Ballons Montgolfières, die mit Wasserstoffgas oder Leuchtgas gefüllten Charlières genannt.

Rasch folgte nun ein Versuch dem anderen. Wieder ließ einer der Brüder Montgolfier einen Ballon steigen, wobei er in einem darunter befestigten Korbe einen Hammel, eine Ente und einen Hahn setzte. Diese Tiere überstanden glücklich die Luftfahrt, was Montgolfier und Pilâtre de Rozier veranlasste, im Oktober 1783 in eigener Person eine Luftfahrt zu unternehmen, wobei es sich allerdings nur um einen sogenannten Fesselballon handelte, der unten mit Seilen festgehalten wurde. Immerhin aber erreichten sie dabei eine Höhe von etwa 70 m, was zu weiteren Versuchen ermutigte. Einen solchen nahm auch bereits am 21. November Pilâtre mit dem Marquis d’Arlandes vor, und diese beiden sind, soweit uns bekannt ist, die ersten Menschen, die eine Luftfahrt unternahmen. Wenige Tage später, am 1. Dezember 1783, bestiegen Professor Charles und sein Freund Robert zu Paris einen Gasballon, der mehr als 600 m hoch stieg und sie flink von dannen trug. Nach einiger Zeit landeten sie, um auf festen Boden die mitgenommenen Speisen zu genießen. Robert wollte sodann die Fahrt nicht fortsetzen, was Charles jedoch nicht hinderte, es allein zu tun. Er stieg dabei bis zu einer Höhe von 4000 m, und die Kälte die der kühne Luftfahrer nun verspürte, veranlasste ihn schließlich, das Ventil zu öffnen, wodurch das Gas entwich, der Ballon sank und glücklich landete. Charles war es auch, der das für die Luftschiffahrt so wichtige Ventil einführte, das umspannende Netz zuerst verwandte und darauf verfiel, den Ballonstoff mit Kautschuk zu verdichten. Er verbesserte die Gondel, nahm zuerst Ballast und Barometer zur Höhenmessung mit, kurz, führte das meiste ein, was bis auf unsere Tage für die Ballonfahrt von Wichtigkeit ist.

Noch ein Dritter war zu derselben Zeit bemüht, in derselben Sache zu wirken: der Franzose Jean Pierre Blanchard, der schon vorher sich vergeblich jahrelang bemüht hatte, eine lenkbare Flugmaschine herzustellen. Begreiflicherweise zogen ihn die Leistungen der vorher genannten Männer an, und er schuf einen Luftballon, mit dem er am 4. März 1784 zu Paris über die Seine flog und wieder zurückkehrte, wobei er eine Höhe von etwa 1700 m erreichte. Blanchard benutzte dabei als erster einen Lenkapparat, der ihm allerdings wenig nutzte. Er war es auch, der die für die Luftschiffahrt wichtige Regel fand, daß ein Ballon, wenn er gut steigen und fliegen sollte, nur zu drei Vierteln gefüllt sein dürfe, weil das Gas in den höheren Luftschichten sich ausdehne. Bald darauf versuchten Gunton de Morbeaur sowie die Gebrüder Robert ihre Luftschiffe mit Ruderflügeln lenkbar zu machen, gleichfalls ohne einen größeren Erfolg. Im Jahre 1784 und später unternahm Blanchard wieder Luftfahrten, wobei er am 1. Januar 1785 in Begleitung eines Dr. Jeffries die Ballonfahrt von Dover nach Calais in 2 Stunden ausführte, der erste Seeüberflug, der von den Franzosen auch mit großem Jubel aufgenommen wurde und den kühnen Luftfahrern große Ehren und Geldgeschenke einbrachte. Unglücklich verlief dagegen ein von Pilâtre und Romain in entgegengesetzte Richtung unternommener Flug über den Kanal. Sie hatten zu diesem Zwecke einen Charlière und einen Montgolfière zusammengekoppelt, wobei das Gas des ersteren durch das unterhaltene Kohlenfeuer des letzteren zur Explosion kam und beide Insassen hinabstürzten und zerschmettert wurden. Sie waren die ersten Opfer, die die Luftschiffahrt erforderte, denen später noch manche andere folgten.

Blanchard, der auch den Fallschirm erfand, war in seiner Tätigkeit als Aeronaut recht glücklich. Vom Jahre 1784 bis zu seinem 1807 erfolgten natürlichen Tode führte er mit gutem Erfolge 66 Luftfahrten aus. Schlimmer erging es seiner Gattin, die erste im Ballon fahrende Frau, die sein Werk berufsmäßig fortsetzte. Sie pflegte dabei zuweilen zur Erhöhung der Schaulust in der Luft ein Feuerwerk abzubrennen, was 1819 zur Folge hatte, dass der Ballon Feuer fing, sie abstürzte und zerschmettert liegen blieb.

Frühzeitig schon fand der Ballon zu militärischen Zwecken Verwendung. Der erste bekannte Fall bezieht sich auf die Schlacht bei Fleurus am 26. Juni 1796, wo der französische General Etienne die Stellung der feindlichen österreichischen Armee durch dieses Mittel erkunden ließ. Napoleon I. ließ noch einige Versuche, den Luftballon für militärische Zwecke zu verwenden, folgen, gab sie aber bald als ziemlich erfolglos auf. Ähnliche Vorkehrungen, mit ebefalls nur unbedeutendem Erfolge, nahmen die Amerikaner im Bürgerkriege 1861 bis 1865 vor. Später, im Kriege von 1870 bis 1871, bedienten sich bekanntlich die in Paris belagerten Franzosen des Luftballons, um mit der Außenwelt in Verbindung zu treten. Seither haben die verschiedenen Heeresleitungen dieser Sache große Aufmerksamkeit gewidmet, und fast überall, auch1887 in der deutschen Armee, sind Luftschifferabteilungen errichtet worden, die mit Erfolg wirken, so daß sich annehmen läßt, in künftigen Kriegen werde dem Luftschiffe eine bedeutende Rolle beigemessen werden. Hierbei muß die Füllung der Ballons wie bei den Charlières mit Wasserstoffgas vorgenommen werden, da sich das durch die Einführung des Engländers Charles Green 1819 üblich gewordene Steinkohlengas im Felde nicht beschaffen läßt. Green war es auch, der von 1819 bis 1836 nicht weniger als 226 Luftfahrten unternahm, eine Zahl, die auch später von keinem übertroffen sein dürfte. Seine merkwürdigste Luftfahrt war die von England nach Deutschland. Er stieg dabei am 7. November 1836 in London auf und landete am folgenden Tage wohlbehalten in der Nähe von Weilburg am Taunusgebirge, nahe der Stelle, wo bereits 1785 Blanchard, bei seinem Aufstiege von Frankfurt a. M. aus, niedergegangen war.

In der nachfolgenden Zeit, besonders aber in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, wurde der Luftschiffahrt allseits große Ausmerksamkeit zugewendet. Ganz besonderer Eifer galt dem Bestreben, die Lenkbarkeit zu erreichen und an Stelle der Ballons Flugmaschinen und Drachenflieger treten zu lassen. Erstere entwickelten sich auch aus unscheinbaren Anfängen zu recht beachtenswerten Leistungen, und es dürfte ihnen vielleicht auch beschieden sein, auf diesem Gebiete die führende oder vielmehr beherrschende Rolle zu übernehmen. Allmählich machte sich auch das Bestreben geltend, der Form des Luftballons, die bisher kugelartig war, den Luftdruckverhältnissen entsprechend zylindrisch zu gestalten.

Flugmaschinen und Drachenflieger.

Bereits aus den einleitenden Zeilen war zu ersehen, daß schon in alten Tagen, dem Bestreben, dem Vogel gleich die Luft zu durchfliegen, Gedanken und Mühen der Menschen gewidmet waren. Die Erfindung des Luftballons drängte jene Absichten zurück, und sie gerieten fast in Vergessenheit, zumal es sich hierbei in der Regel nur um die Fortbewegung einer einzelnen Person handelte. Später wurde jedoch der Gedanke wieder aufgenommen, wobei sich vorerst zwei Hauptsysteme geltend machten: der Gleitflug und der Drachenflug.

Ersterer wurde von dem Ingenieur Lilienthal zu Berlin begründet, der bei seinen Flugübungen am 9. August 1896 leider tödlich verunglückte. Der von ihm erfundene „persönliche Kunstflug“ ist in seinem Gelingen abhängig von dem Geschick und der Geistesgegenwart des Fliegers, der vor allen Dingen darauf bedacht sein muß, seinen Flugapparat in der Gleichgewichtslage zu erhalten. Bei dem Segelapparate Lilienthals liegt die eigentliche Steuerung in einer geringen Wölbung der fledermausartigen Flügel, in denen der Fliegende einfach hängt. Die gewölbten Flügel weisen bei der durch den Absprung von den erhöhten Punkten erzielten Bewegung durch die Luft eine sehr beachtenswerte Tragkraft auf. Ein dem Schiffssteuerruder ähnliches Steuer sorgt für die Einhaltung der Flugrichtung, und nach einiger Übung soll es mit diesem Apparat leicht möglich sein, sich in ihm von erhöhtem Standpunkt aus dem Winde entgegenzuwerfen und beträchtliche Strecken von ihm tragen zu lassen, bevor man im sanften Anprall den Boden wieder gewinnt. Lilienthal hatte nach Übung eine so völlige Herrschaft über seinen Apparat gewonnen, daß er den Absprung selbst von großen Höhen nicht mehr zu scheuen brauchte und eine Flugweite bis zu 250m erreicht hat. Den Lilienthalschen Apparaten fehlte vor allen Dingen die nötige Stabilität, die er durch entsprechende Körperbewegung erzielte, Abb. 445.

Abb. 445. Der Lilienthalsche Flugapparat.

 

Chanute zwang seine Maschine durch selbständige Verstellung ihrer Flächen sich automatisch in der richtigen Lage zu erhalten, und, diesen Gedanken festhaltend, bauten die Amerikaner Chanute und Herring ihre Gleitflugmaschine als Leiterdrachen, die bei jeder Windstärke große Stabilität gezeigt hatten. Das Prinzip bewährte sich aber nicht, die Maschine schwankte im Winde und stellte an die Körpergewandtheit des Fliegers sehr hohe Ansprüche, weil er bei jeder Änderung in der Stellung der Tragflächen das Gleichgewicht durch entsprechende Körperbewegung wieder herstellen mußte. Nach vielen vergeblichen Versuchen gelangten sie zu der nachfolgend dargestellten Gleitmaschine, die aus zwölf übereinander gelagerten Flügeln mit einer Gesamtfläche von 16,45 qm bestand. Nach und nach verringerte man die Zahl der Flügel zu vier Paar beweglichen und setzte darüber feste Drachenflächen mit konkaver Wölbung. Hinten befindet sich noch ein Flügelpaar von 2,74 qm so angebracht, daß der rückwärtige Teil beweglich ist. Der Rahmen besteht aus gerade gemaserter Pechtanne, die Flügel sind mit japanischer Seide überzogen und mit Pyroxilinfirnis überstrichen, der die Eigenschaft hat, alle damit behandelten Stoffe einschrumpfen zu lassen.

Eine andere nachfolgend abgebildete Gleitflugmaschine, stellt im wesentlichen einen Fallschirm dar. Sie besitzt zwei lotrecht übereinander angebrachte Tragflächen von zusammen 28 qm Inhalt. Mit dieser Maschine wurden gegen 700 Gleitflüge ausgeführt, bei keinem derselben ereignete sich ein ernster Unfall. Die erreichten Resultate waren wesentlich besser als bei den früheren Apparaten. Die Schwebegeschwindigkeit des Apparates betrug ungefähr 8 m in der Sekunde. Bei Windgeschwindigkeiten unter 3 m in der Sekunde war es schwer, den Apparat zum Fluge zu bringen, da es nicht leicht möglich war, mit einer so großen Maschine die erforderliche Anlaufsgeschwindigkeit von 5 m in der Sekunde zu erzielen. Immerhin kann aber gesagt werden, daß die Gleitflüge für die Luftschiffahrt selbst kaum jemals ernstlich in Betracht kommen können, als einschlägige Versuche wohl einige Beachtung verdienen, aber sonst wohl nur einem etwas gefährlichen Sport zu dienen vermögen.

Die in China heimischen Papierdrachen, die auch unseren Kindern als Spielzeug dienen, wurden schon von Benjamin Franklin zu wissenschaftlichen Beobachtungen benutzt. Später wurden kompliziertere, ähnlichen Zwecken dienende Drachenflieger hergestellt, von Eddy zu Neuyork, Hargrave, Lamson u.a. Der Österreicher Nikel stellte einen derartigen Apparat her, der – was für uns mehr in Betracht kommt – auch zum Aufflug einer Person geeignet sein sollte. Dasselbe Ziel verfolgte Cody mit seinem Drachenflieger sowie noch viele andere, wobei die Apparate immer kompliziertere Formen annahmen, wie bei den nachfolgend abgebildeten von Marims Drachenflieger und Whiteheads Flugmaschine sowie Millets Drache, die jedoch meist mehr gute Absicht bekundeten, als praktischen Wert aufweisen und kaum mehr denn als Beispiele für die geschichtliche Entwicklung der Luftschiffahrt dienen können, Abb. 446 a-l.

Abb. 446a. Flugsprung mit einer vierflügeligen Gleitmaschine.

 

Die größten Erfolge der letzten Jahre hatten die verbesserten Drachenflieger aufzuweisen. Bei diesen Flugmaschinen wird die Last im wesentlichen von wenig großen aber vielen kleinen, meist schräg gegen die Waagerechte gestellten Flächen (Aeroplane) getragen. Die Vorwärtsbewegung wird entweder durch die Schwerkraft erzielt, wenn man von erhöhten Punkten in sanft abwärts geneigter Bahn eine Strecke weit fortfliegt – „Gleitflieger“ – oder durch einen Motor, der Luftschrauben in Bewegung setzt. In diesem Falle üben die nach unten ausweichenden Luftmassen einen solchen Druck auf die Flächen aus, daß der Apparat sich hebt.

Abb. 446b. Gleitflugmaschine.

 

Schon Otto Lilienthal hatte bei seinen letzten Flügen einen Apparat mit zwei übereinander angeordneten Flugflächen angewandt. Eingehende Versuche mit Gleitfliegern, bei denen die tragenden Flächen in mehreren Ebenen übereinander angebracht waren, machten auch die schon oben erwähnten Amerikaner Chanute und Herring, die einen Flugapparat nach Hargraves Kastendrachensystem konstruierten. Auch die Flugmaschinen der Brüder Boisin in Paris, die von Farman und Delagrange gesteuert wurden, sind sogenannte „Doppeldecker“, d.h. sie besitzen zwei über einander angeordnete tragende Flächen. Je ein Flächenpaar liegt am vorderen und hinteren Ende der Maschine. Vorn ist außerdem ein sogenanntes Kopfsteuer angebracht, bestehend in einer einfachen wagerechten Fläche, die vom Lenker gedreht werden kann und den Apparat nach oben und unten steuert. Die Seitenlenkung wird durch ein am hinteren Ende angebrachtes gewöhnliches Steuer bewirkt. Das Gewicht des Apparats beträgt 550 kg, die Tragfläche mißt 54 qm. Um den zum Fluge nötigen Anlauf am Boden nehmen zu können, sind die Maschinen mit Rädern ausgerüstet. Bei Windstille beträgt die Länge des Anlaufs 100 bis 200 m.

Abb. 446c. Maxims Drachenflieger.

 

Erwähnt zu werden verdienen auch die Versuche, die Archbeacon auf der Seine bei Paris mit einem Drachenflieger angestellt hat. Der von einem mit 40 km Geschwindigkeit auf dem Wasser fahrenden Motorboote gegen den Wind aufgetrieben wurde. Es wurden Höhen bis zu 50 m erreicht. Das Fahrzeug ging aber häufig wieder auf die Wasserfläche herab und wurde schließlich bei einem für den Führer verhältnismäßig glücklich verlaufenden Absturze stark beschädigt.

Abb. 446d. Whiteheads Flugmaschine.

 

Weitere Versuche werden in Frankreich mit sogenannten „Eindeckern“ (Monoplanen) angestellt; das sind Flugmaschinen mit einfachen Tragflächen, die zwar gute Hebekraft zeigen, aber schwieriger in gleichmäßigem Fluge zu erhalten sind. Von anderer Seite wurden auch „Dreidecker“ erprobt.

Abb. 446e. Drache von Millet mit Korb für einen Beobachter.

 

Alle bisherigen Leistungen auf dem Gebiete des Drachenfliegens wurden aber in Schatten gestellt durch die von den Brüdern Wilbur und Orville Wright in Amerika gebauten Apparate. Sie experimentierten schon in den Jahren 1900 bis 1905 mit einer größeren Zahl von Doppeldecker-Gleitfliegern, die dem Chanute-Apparat ähnlich, aber bedeutend größer waren. Die erfolgreichen Wrightschen Versuche erregten das größte Aufsehen; es gelang Orville, sich 1 Stunde 5 Minuten ununterbrochen in der Luft zu halten. Als Wilbur im Sommer 1908 nach Europa kam, konnte er die Leistungen seines Bruders noch weit übertreffen. Er durchmaß eine Strecke von 70 km und erfüllte damit die Hauptbedingung eines Vertrages, der zwischen ihm und einem französischen Syndikate geschlossen war. Er erhielt 500.000 Franken für seine Patente.

Abb. 446f. Lamsonscher Drache in der Luft.

 

Da die Flugmaschine Wright an Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit zu den besten Flugapparaten zu zählen ist und auch in Deutschland Eingang gefunden hat, wollen wir im folgenden dieses Luftfahrzeug näher betrachten. Die Flugmaschine Wright, Abb. 446 l, ist ein Drachenflieger oder Aeroplan, dessen Betätigung sehr einfach ist. Eine von Motoren getriebene Luftschraube oder mehrere solche wirken an einem Apparat mit leicht gewölbten Trageflächen in horizontaler Richtung; sobald hierdurch in der Fortbewegung eine ausreichende Geschwindigkeit erreicht ist, genügt die Drachenwirkung schräg gestellter Flächen, um den Apparat in die Luft zu erheben.

Abb. 446g. Motifizierter Hargrave-Drachen.

 

Die Anordnung der Organe bei den verschiedenen Drachenfliegern ist mannigfaltig. Die einen haben die Propeller vorn, die anderen haben sie hinter den Flächen; auch die Höhen- und Seitensteuer finden sich in verschiedener Weise angeordnet. Je nach der Verwendung einer oder mehrerer Tragflächen unterscheidet man Eindecker, Doppeldecker oder Mehrdecker. Praktisch haben Eindecker, wie Mehrdecker Erfolge gehabt. Für den Gebrauch der Aeroplane kommen folgende hauptsächliche Punkte in Betracht: 1: Die Abfahrt; 2. die Stabilität während des Fluges geradeaus; 3. die Wendungen; 4. die Regelung der Höhenlage; 5. die Landung.

Für die Abfahrt und das Aufsteigen in die Luft ist eine gewisse Geschwindigkeit notwendig, die der Apparat auf dem Boden erreicht haben muß, ehe die Drachenwirkung zur Erhebung vom Boden genügt. Diese Geschwindigkeit kann man die Maschine aus eigener Kraft oder durch Einwirkung äußerer Kräfte erreichen lassen. Letzteres hat man versucht durch Vorspann oder durch den Zug eines Fallgewichtes. Vorteilhafter wäre es, wenn die Maschine zum Aufsteigen solcher Apparate nicht bedürfe, sondern aus eigener Kraft sich vom Bodenerheben könne. Die Aeroplane werden daher auch auf Rädern montiert, die auf ebenem Boden leicht anlaufen. Der Wright-Apparat ruht auf Schlittenkufen; die Startanlage besteht aus einer Pyramide von Holzstangen, um das Fallgewicht herabfallen zu lassen und aus einer Schiene, auf denen der Apparat dahingleitend schnell vorwärts gezogen wird.

Abb. 446h. Drache von H.Nickel im Fluge.

 

Die Stabilität des Aeroplanes in ruhiger Luft ist eine natürliche Vorbedingung für seine Verwendbarkeit; die Gewichtsverteilung, die Größenverhältnisse der Trageflächen, die Entfernung der Steuer nach vorn und hinten, die Lage der Schrauben und ihre Kreiselwirkung, all dies muß so berechnet und bemessen sein, daß das Gleichgewicht beim Fluge bewahrt bleibt. Diese Bewahrung des Gleichgewichts wird um so sicherer sein, je schneller der Apparat ist. Eine möglichst große Eigengeschwindigkeit ist daher anzustreben. Der äußere Feind der Stabilität sind die Bewegungen der Luft, und zwar vertikale Luftströme, Luftwellen, Luftwirbel u. dgl. Mehr. Bei fast allen Flugmaschinen hat man als Mittel, um diesen Störern der Stabilität zu begegnen, nur das Höhensteuer; es liegt auf der Hand, daß auch hier wieder für die Sicherheit des Fluges die Erfahrung des Führers ausschlaggebend ist. Automatisch wirkende Einrichtungen zur Erhaltung der Stabilität sind vielfach vorgeschlagen und zum Teil auch schon ausgeführt. Eine Spezialeinrichtung der Wrightschen Maschine, die besonders beim Wenden in Tätigkeit gesetzt wird, leitet uns über zu den Wendungen.

Abb. 446i. Wright-Flugmaschine.

 

Um Wendungen zu machen, bedient man sich des Seitensteuers; doch genügt dies nicht allein, da gerade bei Wendungen aus leicht ersichtlichen Gründen das Gleichgewicht des Fliegers verloren gehen kann. Die erwähnte Einrichtung bei der Flugmaschine Wright besteht darin, daß die Enden der beiden Tragflächen verwunden werden können, und zwar derart, daß bei einer Wendung nach Backbord die linken Flächenenden durch ihre Verwindung eine Drachenwirkung nach unten, die rechten eine hebende Wirkung haben, so daß der Apparat gezwungen ist, sich bei der Wendung nach innen zu neigen. Der Führer handhabt zu diesem Zweck den zweiten, für die Seitensteuerung bestimmten Hebel derart, daß durch seine Vor- und Rückwärtsbewegung das Seitensteuer und gleichzeitig durch Neigung des Hebels nach rechts oder links die Verwindung der Flächenenden bewirkt wird.

Abb. 446k. Wright-Flugmotor.

 

Die Tätigkeit des Führers bei der Höhenlage ist dieselbe wie bei dem Aufstiege. Die Höhensteuer selbst sind bei den verschiedenen Aeroplanen im ganzen einander recht ähnlich, nur daß sie an etwas verschiedenen Stellen angeordnet sind. Ein Haupterfordernis für ein gutes Höhensteuer ist seine sofortige und kräftige Wirkung, wobei es natürlich nicht zu schwer ausfallen darf. Die sofortige und kräftige Wirkung ist aber notwendig, um den plötzlich auftretenden widrigen Luftströmen wirksam entgegenarbeiten zu können; erwünscht ist sie ferner, weil jede Steuerwirkung die Eigengeschwindigkeit und damit auch wieder die Stabilität schwächt und dies um so mehr, je länger die Steuerwirkung dauert. Es ist daher auch wieder als ein ganz besonderer Vorzug der Flugmaschine Wright anzusehen, daß durch eine sinnreiche Konstruktion dem Höhensteuer eine ganz besonders schnelle und kräftige Wirkung verliehen ist. Während nämlich sonst als Höhensteuer ebene Flächen verwandt werden, deren Wirkung nach oben oder unten einfach durch ihre Schrägstellung erzielt wird, sind die Höhensteuerflächen der Flugmaschine Wright in Horizontalstellung allerdings auch eben; sobald sie jedoch durch Schrägstellung wirken sollen, nehmen sie gewölbte Form an.

Abb. 446l. Wright-Flugmaschine.

 

Die Landung wird herbeigeführt durch Steuerung nach unten und durch die Verminderung der Geschwindigkeit im richtigen Moment. Geschieht diese Verminderung der Geschwindigkeit durch Abstellen des Motors zu spät, so wird die Landung leicht zu scharf und kann zu Materialschäden und Verletzungen führen. Wer aber die Sicherheit nicht hat, auch aus größerer Höhe mit abgestelltem Motor stabil hinabgleiten zu können, wird geneigt sein, den Moment leichter zu spät als zu früh zu wählen. Hieraus erklären sich wohl die überaus häufigen Meldungen etwa des Inhalts: „Das Aeroplan Soundso führte einen wohlgelungenen Flug über x Meter aus, bei der Landung berührte jedoch das Seitensteuer (eine Seite der Tragfläche, Höhensteuer oder irgendein anderer Teil nach Belieben) den Boden etwas heftig und zerbrach.“ Die vollkommene Sicherheit, mit der Wright seine Maschine aus einer Höhe z.B. von 30 m und mehr mit abgestelltem Motor niedergehen läßt, schützt ihn im hohem Maße vor solchen Unfällen.

In verhältnismäßig kurzer Zeit sind im Bau von Flugmaschinen große Fortschritte gemacht worden, denn man machte sich in erster Linie die Erfahrungen der Automobilindustrie mit ihren hochentwickelten Motoren zunutze. Über die Frage, ob man besser Eindecker oder Zweidecker bauen soll, ist viel und oft diskutiert worden. Nach jedem großen Flugmeeting, wie sie jetzt in allen Ländern und Hauptstädten veranstaltet werden, sind Vergleiche angestellt worden, die jeweils für den Ein- oder Zweidecker, in letzter Zeit allerdings überwiegend günstig für den Eindecker, ausgefallen sind. Der große französische Rundflug und die vielen praktischen Aufgaben, die französische Offiziere mit großem Erfolge gelöst haben, haben unzweifelhaft erwiesen, daß die Flugmaschinen beider Typen im Begriff sind, der Praxis dienstbar zu werden. Dabei ist zu bemerken, daß die Sportleute meist in Eindeckern gesiegt haben, während die erfolgreichen Militäraviatiker auf Doppeldeckern geflogen sind.

Schwere Gewichte wird man wohl nur auf Mehrdeckern befördern können, aus dem einfachen theoretischen Grunde, weil zur Fortbewegung schwererer Gewichte eine größere Tragfläche nötig ist. Größere Tragflächen erzielt man aber zweckmäßigerweise nicht durch Vergrößerung einer einzigen Fläche, sondern durch Bau in mehreren Decks, oder aber durch Anordnung der Tragflächen in einer Ebene hintereinander, wie es schon Professor Langley in Washington, Regierungsrat Joseph Hofmann in Berlin und Ingenieur Kreß in Wien früher vorgesehen haben. Farman hat in seinem Doppeldecker schon vier Personen 1 Stunde und 4 Minuten lang durch die Lüfte geführt, De Baeder ebenfalls vier Personen wenige Minuten lang, Breguet sogar fünf Personen einige Runden hindurch hochgenommen.

Vielleicht kommt es dazu, daß man schnelle Maschinen für Sport als Eindecker ausgestaltet, dagegen Fahrzeuge, die mehrere Personen tragen müssen, als Mehrdecker ausbaut. Das Militär wird allerdings, auch wenn es auf Schnelligkeit ankommt, mehr auf Zweidecker angewiesen sein, wenn man an die Forderung denkt, möglichst mit Bordmitteln den Apparat instand zu halten. Im Kriege ist es unter allen Umständen am wichtigsten, daß die Maschine möglichst sicher ihren Auftrag ausführt.

Ein Eindecker bietet natürlich stets der Luft weniger Widerstand als ein Zweidecker, und demnach ist er auch meist schneller. Vergleicht man aber die von beiden Typs erreichten Geschwindigkeiten miteinander, so ergibt sich im Mittel kein sehr wesentlicher Unterschied. Die Eindecker haben zwar schon Fahrten erzielt von 120,7 km in der Stunde, schließlich kommt es doch nicht so sehr darauf an, ob eine Flugmaschine wirklich einige Kilometer in der Stunde mehr oder weniger zurücklegt. Die Schnelligkeit der Wright-Maschine, die für die amerikanische Militärverwaltung geliefert wurde, betrug im Mittel 72 km in der Stunde.

Über die Flugmaschinen der verschiedenen Systeme ein abschließendes Urteil zu fällen, wäre zweifellos verfrüht. Für militärische Zwecke haben die Apparate von Wright, die in erster Linie gerade hierzu ausgebaut sind, ferner diejenigen von Farman, Sommer, Breguet und anderen große Vorzüge gezeigt, während an brauchbaren Eindeckern zu nennen sind die Apparate von Blériot, die im Sport die größten Erfolge errungen haben, die Antoinette-Eindecker, die sich allerdings vielfach als unzuverlässig erwiesen, aber dann, wenn der Motor mal richtig funktionierte, ausgezeichnet fliegen, ferner in Deutschland die Eindecker von Dorner, die das erhebliche Gewicht von 182 kg zu tragen vermochten, und der von der Luftfahrzeugbau-Gesellschaft E. Rumpler in Lichtenberg-Berlin nach dem System des Österreichers J. Etrich gebaute Eindecker „Taube“, sowie der von dem Magdeburger Ingenieur Grade konstruierte Eindecker.

Die Etrich-Rumpler-Taube, mit welcher der Aviatiker Hirth nebst einem Passagier die erfolgreiche Fernfahrt München-Berlin zurücklegte, sehen wir in Abb. 447. Mit demselben Flugzeug erzielte der genannte Pilot mit einem Passagier im Juni 1911 einen Höhenrekord von 2200 m.

Seitdem sich kapitalkräftige Fabrikanten und geniale Ingenieure mit der Flugtechnik streng wissenschaftlich und praktisch beschäftigen, wird auch nicht mehr so wahl- und ziellos gearbeitet und versucht, und damit viel Kapital nutzlos verschleudert. Lange hat es allerdings gedauert, bis die Ingenieure zu der Überzeugung gekommen sind, daß die Luftfahrzeuge noch eine große Zukunft besitzen. Am schwersten hat einer unserer bedeutendsten Mathematiker die aufkeimende Aviatik geschädigt, indem er seinerzeit in einer von der Regierung eingesetzten Kommission den Ausspruch tat, er halte es kaum für möglich, daß der Mensch je zu fliegen vermöge. Unter Fliegen eines Menschen verstand man natürlich in erster Linie das Fliegen mit flügelähnlichen Apparaten, die durch eigene Kraft betätigt werden. Helmholtz, der diesen Ausspruch getan, würde sich sicher wohl vorsichtiger geäußert haben, wenn er hätte ahnen können, wie schwer er dadurch die Flugtechnik hintan gehalten hat, obwohl zu jener Zeit schon der 1843 bekannt gegebene Entwurf des Luftkampfwagens des Engländers Henson bestanden hat. Das Machtwort dieses vortrefflichen Gelehrten hat die ersten Ingenieure völlig zurückgehalten, sich mit dem Flugproblem zu beschäftigen, wenn sie vielleicht auch hoffnungsfreudiger waren als Helmholtz.

Abb. 447. Etrich-Rumpler-Taube.

 

Die besten Vorbilder für den Flugmaschinenkonstrukteur finden sich im Fahrradbau, im Automobilbau, im Motorbootsbau, in der Feinmechanik; und endlich vermag die Zieh- und Preßtechnik manche Hilfe in der Schaffung leichter haltbarer Maschinenteile zu leisten. Der Flugmaschinenkonstrukteur muß oft primitiv konstruieren und wird oft das Mißfallen der an ein bestimmtes Schema gewöhnten Maschinenkonstrukteure der alten Schule erregen, wie ja Wright auch manche theoretisch nicht einwandfreie Konstruktionen schuf, die aber praktisch noch zulässig waren.

Man wird gut tun, von Haus aus auf die federnde Bettung aller Maschinenglieder zu sehen und wird vielfach auf Baustoffe organischer Herkunft (Holz) zurückgehen müssen, da die Natur sich immer noch als die beste Baumeisterin erweist. (Der Strohhalm ist in bezug auf Festigkeit und im Verhältnis zu seinem geringen Gewicht noch nicht durch menschliche Bauwerke übertroffen.) Aluminium, Rohre und Bleche, folgen dann als ergänzende Baustoffe direkt hinterher. Die Kugelform der Maschinenteile sollte ihrer universalen Einstellbarkeit wegen stets vorgezogen werden.

Ähnlich wie zu Wasser und zu Lande ist auch in der Luft der Kraftmotor bestimmt, die menschlichen Kräfte im Interesse der Geschwindigkeit und Ausdauer zu ersetzen. Der Flugmotor darf sich vom Automobilmotor nur dort durch Gewichtserleichterungen unterscheiden, wo man durch Zufügung teuerer, beim Automobilmotor ersparbarer Arbeit wirklich überflüssiges Gewicht wegbohren und wegfräsen kann. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal sind die einzelstehenden (beim Automobilmotor zusammengegossenen) Zylinder mit Blechkühlmänteln, wo man Wasserkühlung anwendet und – beim Vier- bzw. Sechszylindermotor – die Anwendung von fünf bzw. sieben Lagern, während beim Automobilmotor je zwei benachbarte Zylinder kein Zwischenlager erhalten.

Diese Vermehrung der Lagerzahl beim Flugmotor führt zu einer geringeren Belastung und geringeren Durchfederung des Gehäuses, also zu einem Schutz gegen die stets befürchtenden Brüche der Kurbelwelle. Genaue Arbeit sowie Kühlung und Ölung der Lager durch einen Ölstrom bei gleichzeitiger Verhinderung der Verölung des Zylinders sind hier Bedingung. Während man früher beim Aluminium Wandstärken von 6 bis 10 mm anwandte, geht man jetzt an vielen Stellen des Gehäuses bis 3 mm herunter, bei Anwendung einer entsprechenden Verrippung und festeren Legierung. Von der Benutzung schrägstehender, auf eine Kurbel wirkende Zylinder ist man meist abgekommen. Diese Motoren sind – bei oft gewundenen Einströmkanälen und unkonstruktivem Aussehen – auch nicht wesentlichleichter als normale Vier- und Sechszylindermotoren. Stahl als Zylindermaterial an Stelle des Gußeisens wird fast nur mehr für Rotationsmotoren angewendet. Das Gußeisen, das bei längerem Betrieb immer glättere und härtere Laufbahnen erhält, bietet höhere Garantien gegen das Festfressen der Kolben. Durch Wahl eines geeigneten zähen Gußeisens konnte auch die bei Flugmotoren früher recht erhebliche Gefahr der Flanschenbrüche vermieden werden.

Die Leistung der Motoren wird im allgemeinen noch fortlaufend gesteigert. 50 PS. sind jetzt das normale, aber immer häufiger finden 70, 100, neuerdings auch 120 PS. praktische Verwendung. Die Weiterentwicklung in bezug auf die Motoranlage dürfte trotz aller Erfolge des rotierenden Motors doch auf dem Normalmotor basieren, dessen Verbrauch an Benzin und Schmieröl viel geringer ist, als der des ersteren. Den großen Ölverbrauch und das lästige Umherspritzen des Öls sucht man durch Schutzklappen zu mindern. Diese Einkapselung soll auch den Luftwiderstand herabsetzen. Sie wirkt aber gleichzeitig als nicht beträchtliche Gewichtsvermehrung, die den Vorteil des leichten Motors, wenn auch nur zum kleinen Teil, aufhebt. Der Hauptfortschritt im Motorenbau wird in einer noch sorgfältigeren Behandlung der Umlaufschmierung, der Filtrierung und in der regelbaren Zufuhr des Öls zu erblicken sein. Die Karburierung hat man gerade in Rücksicht auf die Höhenflüge und die dabei schnell wechselnden Luftdrucke und Lufttemperaturen einzurichten.

Als der Franzose Renard im Jahre 1884 mit seinem Luftschiff „La France“ den ersten geschlossenen Kreis in mäßiger Höhe umschrieb, gebrauchte er einen Motor, der pro Pferdekraft das Gewicht des heutigen Automobilmotors um das zehnfache überschritt und jede praktische Verwertung des Luftschiffes ausschloß. Nachdem einmal der Automobilmotor für die Luftschiffahrt praktische Anwendung gefunden, erfuhr er auch entsprechende Abänderungen.

Abb. 448. Opel-Flugmotor /Ansaugseite).

 

Vom stehenden Vielzylindermotor, dessen bester Vertreter der „Antoinette“ war, kam man zum Rotationsmotor, der erfolgreich von „Gnome“ vertreten wird. All diesen Systemen haften große Mängel an; schnelle Abnützung, kurze Lebensdauer und vor allem mangelnde Betriebssicherheit, die sie für die Dauer als ungeeignet erscheinen lassen. Erst der stehende Vierzylindermotor mit Wasserkühlung, wie er sich seit Jahren als Automobilmotor bewährt hat, scheint berufen, die Motorenfrage im Flugwesen endgültig gelöst zu haben. Die letzten großen Erfolge in allen deutschen Überland- und Dauerflügen haben den Beweis für seine absolute Zuverlässigkeit erbracht. Einer der besten Vertreter dieses Systems ist der neue Opel-Flugmotor. Die Opelwerke in Rüsselsheim haben auf Grund ihrer reichen Erfahrungen im Motorenbau mit dem in Abb. 448 dargestellten Flugmotor eine neue Type geschaffen, die allen Anforderungen gerecht wird.

Der Opel-Flugmotor ist ein stehender Vierzylindermotor mit paarweise zusammengegossenen Zylindern von 125 mm Bohrung und 130 mm Kolbenhub, der bei 1250 Touren eine Durchschnittsleistung von 60 PS. ergibt. Die Höchstleistung ist 70 PS. Der Zug an der Schraube wird konstant mit 210 kg garantiert. Die Zylinder sind aus Grauguß mit angegossenen Kühlmantel, wodurch Undichtigkeiten ausgeschlossen sind, das Gehäuse ist aus Aluminium gefertigt. Das Gewicht des Motors beträgt ca. 115 kg. Die Ansaugventile sind von oben, die Auslaßventile von unten gesteuert. Die Zirkulation des Kühlwassers wird durch eine Zentrifugal-Wasserpumpe bewerkstelligt. Der Vergaser „System Opel“ arbeitet selbsttätig mit automatischer Zusatzluftregulierung und wird durch das Kühlwasser vorgewärmt. Die Zündung ist die bewährte magnet-elektrische Hochspannungszündung mit Funkenstrecker. Das Ölen geschieht mittels des Tropfsystems mit Spezial-Tauchschmierung und mit nur drei Kontroll-Tropfstellen. Die 8 stündige Dauerprobe, bei welcher der Motor ununterbrochen mit einer Durchschnittsleistung von 60 PS arbeitete, ergab den Verbrauch von 0,8 l Öl und 17,4 l Benzin pro Stunde.

Abb. 449. Eindecker der Rheinischen Aerowerke.

 

In Abb. 449 sehen wir einen Eindecker mit eingebautem Drei-Zylindermotor der Rheinischen Aerowerke G.m.b.H. in Düsseldorf. Diese Firma baut luftgekühlte Zwei-, Drei- und Fünf-Zylindermotore und ebensolche Motore mit Wasserkühlung. In Abb. 450 sehen wir einen luftgekühlten Fünf-Zylinder-Flugmotor von 40 PS. Sein Gewicht beträgt 71 kg, die fünf Motore sind sternförmig angeordnet. Bei diesem Motor ist besondere Vorsorge getroffen, daß sämtliche Zylinder gleichmäßig geölt werden, so daß nicht etwa die unteren Zylinder zu viel und die oberen zu wenig Öl erhalten. Es wird dies durch eine zuverlässige Zentralschmierung und durch die geeignete Lage der Ölzuführungen erreicht.

Abb. 450. Fünfzylinder-Flugmotor.

 

Die Pleuelstangen dieses Motors sind nicht gegabelt, sondern so ausgebildet, daß jede derselben den Druck auf die ganze Länge des Kurbelzapfens überträgt, wodurch eine sehr gute Kraftübertragung stattfindet. Die Steuerung dieses Motors ist sehr präzise, da nur eine einzige Nockenscheibe zur Steuerung sämtlicher Zylinder dient. Die Gasverteilung ist sehr gleichmäßig, da das Gas von dem Vergaser in einen Ringkanal strömt, welcher an dem Gehäuse angegossen ist, und so auch gleichzeitig das Gehäuse kühl hält. Von diesem Ringkanal gehen die Saugrohre in die einzelnen Zylinder. Dieser Motor ist besonders beliebt als Kraftquelle für größere Eindecker und Doppeldecker und zur Mitnahme von Passagieren, sowie für Rennmaschinen.

Es soll noch kurz der Propeller und sein Antrieb Erwähnung finden. So vorteilhaft eine hohe Tourenzahl für den Motor und eine recht niedrige für den Propeller ist, ging man doch aus Gründen der Einfachheit fast ausschließlich zum direkten Antrieb über. Selbst bei den deutschen Wright-Apparaten werden die Ketten und Doppelpropeller durch den direkten Antrieb und nur einen Propeller verdrängt.

Allein der Renault-Motor treibt den Propeller von der Steuerwelle mit 900 Touren bei 1800 Touren des Motors an. Das gibt eine Fahrradübersetzung und außerdem ein Schwungrad am Motor, welches man andernfalls ersparen oder leichter ausbilden kann. Aber die geringere Propellertourenzahl ist nicht nur ökonomischer, also das Mehrgewicht ausgleichend, sie bietet auch bei gleicher Anfangsgeschwindigkeit mehr Sicherheit gegen das gefürchtete Abfliegen der Propellerflügel.

Stirnradübersetzung zum Propeller ist also annehmbar. Kettenräder und Kegelräder sind außer Gebrauch gekommen, trotzdem es konstruktive Vorteile bietet, wenn man den Propeller hochlegen kann. Alles in allem sind die Fortschritte außerordentlich. Die Entwicklung war stetig und doch rapid, dabei so energisch in ihrem Fortschreiten auf der Basis größter Einfachheit, daß selbst für die naheliegenden und an sich vernünftigen Stabilisationsautomaten noch lange nicht die Zeit zur allgemeineren Erprobung gekommen scheint.

In jüngster Zeit haben besonders die Höhenrekords in der Aviatik Aufsehen erregt. Diese Kletterübungen mit der Flugmaschine auf mehr als 3000 und 4000 m über dem Meeresspiegel, die fast schon Montblanc-Höhe erreichen, erwecken in dem Gedanken Schauder, daß den einsamen Menschen da oben ein Unwohlsein befallen oder an seinem Apparat die kleinste Havarie eintreten könnte, Ursachen, die eine unabwendbare Katastrophe zur Folge haben müssen und leider schon allzu oft eine solche, auch in geringeren und geringsten Höhen, zur Folge gehabt haben.

Die zahlreichen Opfer, welche die Aviatik beinahe täglich fordert, scheinen anzudeuten, daß beim Flugapparat die erstrebten Leistungen mit der menschlichen Befähigung und der maschinellen Einrichtung in Widerspruch stehen. Namentlich in Frankreich blüht die flugsportliche „Rekordjagd“. Es war der französische Militärflieger Kapitän Felix, der den Höhenrekord am 5. August 1911 auf 3350 m brachte, und es war der junge französische Blériot-Pilot Garros, der am 4. September 1911 einen neuen Weltrekord mit 4250 m Höhe aufstellte. Man erinnere sich, daß am 1. Januar 1909 der Höhenweltrekord von Wilbur Wright mit 115 m, am 1. Januar 1910 von Hubert Latham mit 475 m gehalten wurde, um zu ermessen, in welchem schwindelnden Tempo die Entwicklung nach aufwärts in den letzten anderthalb Jahren vor sich gegangen ist. Und zu welchem praktischen Zweck?

Die aviatische Rekordlust ist sicherlich dadurch so hochgeschraubt worden, daß man zeigen wollte, wie sehr die Flugmaschine dem Motorballon überlegen ist. Der vornehmste Vertreter im Motorballonwesen ist heute zweifellos Deutschland, wo drei verschiedene Systeme, das starre, halbstarre und unstarre, seit Jahren in glücklicher Konkurrenz stehen. Der vornehmste Vertreter im Flugwesen ist zur Zeit ebenso zweifellos Frankreich, das die ursprüngliche Führung Amerikas an sich gerissen hat und mit stets verbesserten Rekordtaten immer aufs neue zeigen will, daß es in der Aviatik an der Spitze marschiert. In der französischen Vorstellung handelt es sich um ein Luftduell Frankreich-Deutschland, dessen letztes Ziel die militärische Überlegenheit im Ernstfalle ist.

Von der aviatischen Rekordjagd haben sich unsere deutschen Flieger erfreulicherweise bisher wenigstens ferngehalten. Bis 1000 und 2000 m sind unsere Flugzeugführer ebenfalls schon hinaufgegangen. Den deutschen Höhenrekord hält der Taube-Flieger, Ingenieur Hirth, mit 2300 m. Für die Flugmaschine geht die Gefahrzone im Kriegsfalle nach Ansicht militärischer Sachverständiger nur bis 500 m. Jenseits dieser Grenze befindet sich der einzelne Flieger außerhalb des wirksamen Schußbereichs. Die Manövrierhöhe des Motorballons liegt zwischen 800 und 1000 m. Natürlich kann er, um sich Geschützfeuer zu entziehen, auch auf 1500 bis 2000 m steigen, allerdings nur auf Kosten seines Gasinhalts und der Fahrtdauer. Will die Flugmaschine den Motorballon überhöhen, um ihn von oben zu verwunden, so kommt dafür eine Höhe bis zu 2000 oder 2500 m im äußersten Fall in Betracht. Auf 3 und 4 km hochzusteigen, hat also gar keinen praktischen Zweck.

Und auch der sportliche ist gering. Denn in diesen Höhen beginnen für den durch die Führung des Apparats ständig körperlich und geistig angestrengten Piloten bereits die Pathologischen Erscheinungen von Ohrensausen, Herzbeklemmungen, Nervosität, welche im Freiballon, der weniger Aufmerksamkeit beansprucht, erst jenseits 5000 m Höhe anfangen. Und auch auf das Funktionieren des Motors resp. Vergasers, der das explosible Gemisch von Luft und Benzin für die Motorarbeit vorbereitet, können solche Höhen mit ihren kalten und verdünnten Luftschichten nicht ohne Einfluß bleiben. Mit der Höhe wächst ohne Frage auch die Havariegefahr für den Flugapparat, und es ist in der Tat mehr Tollkühnheit als Sportleistung, über die vernünftige und praktisch verwertbare Grenze hinauszugehen.

Ein anderer Wettbewerb zwischen Flugmaschine und Motorballon läßt sich eher rechtfertigen, der Rekordkampf um die Geschwindigkeit. Von ihr hängen mancherlei praktische Dinge ab, in erster Linie die Verwendungsmöglichkeit bei ungünstigem Wetter. Gegen Wind kann nur das Luftfahrzeug vorwärts kommen, das stärker ist als er. Je stärker die Eigengeschwindigkeit des Fahrzeuges ist, an desto mehr Tagen im Jahre kann es fahren. Die Eigengeschwindigkeit hängt ihrerseits von der Stärke der verfügbaren Motorkraft ab. Nur weil man nicht genügend leichte und starke Motoren hatte, war bis 1900 keine richtige Motorballonschiffahrt, bis 1908 kein ordentliches Fliegen möglich. Nach dem Vorreiterschen Jahrbuch für Luftschiffahrt betrugen die Werte für Eigengeschwindigkeit und Motorstärke bei den Haupttypen Ende 1910:

1. Flugmaschinen

Wright 18 Metersekunden 32 Pferdestärken
Farman 18 50
Voisin 19 50
Blériot 20 50
Grade 18 30
Euler 18 50
Albatros 19 50
Taube 20 50

 

2. Luftschiffe

Clément-Banyard 14 Metersekunden  120Pferdestärken
Colonel Renard 13 120
Ville de Bordeaux 12 90
P.L.7 (russischer Parseval-Ballon) 14-15 220
P.L.11 16-17 300
M.III  16,4 300
L.Z.7 (Deutschland) 16 420

 

Die Flugmaschinen, namentlich die Eindecker, hatten also von Anbeginn einen Vorsprung. Ihr Stirnwiderstand ist außerordentlich geringer als beim Motorballon. In diesem Jahre hat man dazu noch die Pferdestärken erheblich erhöht und auf 100 PS. gebracht. Blériot begann mit einem Renntyp dieser Art und erzielte damit angeblich 30 Metersekunden Eigengeschwindigkeit (108 km in der Stunde). Weymann erreichte mit einem 100 PS. Gnome-Motor auf seinen Rieupot-Eindecker beim Bennet-Wettbewerb der Flugmaschinen i. J. 1911 sogar 125½ km in der Stunde.

Das Luftschiff kann mit solchen Geschwindigkeiten natürlich nicht mit. Einen bemerkenswerten Fortschritt aber brachte doch der neueste Zeppelin-Ballon „L.Z.8“ („Schwaben“), der eine genaue festgestellte Eigengeschwindigkeit von 19,5 Sekundenmetern besitzt und mit Wind selbstverständlich sehr viel mehr leisten kann. Die „Schwaben“ hat mit ihren drei Maybachmotoren à 150 PS. und ihren vereinfachten Steuerorganen alle Geschwindigkeitsrekords der internationalen Luftflotte weit hinter sich gelassen. Mit den gewöhnlichen Flugmaschinen kann sie auch in der Geschwindigkeit konkurrieren und übertrifft die Renntypen, wie andere Luftschiffe, sicher an Fahrtdauer. Es ist die große Bedeutung dieses jüngsten „Z“-Schnellkreuzers, daß er den Konkurrenzkampf zwischen Luftschiff und Flugmaschine, der beinahe für das erstere schon aussichtslos geworden war, wieder neu eröffnet. Jeder neue Rekord an Eigengeschwindigkeit, den die Luftschiffe erzielen, erhöht ihren praktischen Wert.

Das lenkbare Luftschiff.

Nachdem die Belagerung von Paris im Jahre 1870 die große Bedeutung des Luftballons für den Krieg erwiesen hatte, überwies die französische Regierung dem Marine-Ingenieur Dupuy de Lôme 40.000 Franken mit dem Auftrage, ein lenkbares Luftschiff zu erbauen. Mit Hilfe des Luftballons war es der belagerten Hauptstadt Paris gelungen, in dauernder Verbindung mit dem Lande und dem Sitze der Regierung zu bleiben, wobei Brieftauben, welche im Ballon aus der Festung mitgeführt wurden, den Nachrichtenverkehr mit dieser vermittelten. In der Zeit vom 23. September 1870 bis zum 28. Januar 1871, also innerhalb von vier Monaten, verließen 65 bemannte Ballons die eingeschlossene Festung, von denen nur fünf in deutsche Hände fielen und zwei im Meere verloren gingen. Sie beförderten: 155 Personen (darunter Gambetta), 363 Brieftauben, 3 Millionen Briefe und etwa 3600 kg andere Postsachen. Von den 363 Brieftauben kamen zwar nur 57 nach Paris zurück, indessen führten diese doch über 100.000 Depeschen in die Festung.

Die Arbeiten von Dupuy de Lôme führten zu keinem befriedigenden Resultat und auch eine militärische Kommission zur Lösung der Frage des lenkbaren Luftschiffes zeitigte keine nennenswerten Erfolge. Erst in den Jahren 1884 und 1885 gelang es dem französischen Hauptmann Charles Renard ein wirkliches lenkbares Luftschiff von 1864 cbm Inhalt mit einer Geschwindigkeit von 6,4 m in der Sekunde durch die Luft zu bewegen und bei sieben Aufstiegen fünfmal zur Abfahrtstelle zurückzukehren. Trotz dieses günstigen Ergebnisses scheiterten die Versuche Renards, Mittel für die Erbauung eines größeren Fahrzeugs zu beschaffen. Da die mittlere Geschwindigkeit des Windes in Westeuropa 8 bis 12 m in der Sekunde beträgt, war die von Renard erzielte Eigengeschwindigkeit noch zu gering, um für die Fortsetzung der Versuche dauernd brauchbare Erfolge zu versprechen. Es folgten die mißglückten Versuche des Dr. Wölfert in Berlin, der 1897 bei einer Probefahrt auf dem Tempelhofer Felde infolge einer Explosion seines Luftschiffes das Leben einbüßte, und des österreichischen Ingenieurs David Schwarz mit seinem auf Veranlassung der Aluminium-Fabrik Carl Berg in Eveking erbauten, 3700 cbm fassenden Aluminium-Luftschiffe.

Abb. 451. Zeppelin-Luftschiff.

 

Eine Wendung im Luftschiffbau trat erst ein, als 1898 der durch seinen schneidigen Patrouillenritt im Kriege 1870/71 bekannt gewordene General Graf Ferdinand von Zeppelin nach seiner Verabschiedung aus dem aktiven Dienste sich an die Verwirklichung des schon lange gefassten Planes machte, ein lenkbares Luftschiff in großen Abmessungen zu bauen. Seine prakischen Versuche mit dem 11.000 cbm großen Flugschiffe „Zeppelin 1“ begannen im Jahre 1900 von einer im Bodensee schwimmenden Ballonhalle aus und trugen ihm eine außerordentlich ehrenvolle Anerkennung des Kaisers ein, der von jeher der Luftschiffahrt seine besondere Aufmerksamkeit zugewandt hatte. Leider war Graf Zeppelin anfangs sehr wenig vom Glücke begünstigt. Sein Luftschiff erreichte zwar eine Eigengeschwindigkeit von 7,6 bis 9 m in der Sekunde, mehrfache Unglücksfälle, die die Lenkbarkeit beeinträchtigten, erschütterten aber das Vertrauen in die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der von ihm gesuchten Lösung der Aufgabe. Man begann, den greisen Erbauer des Riesenluftschiffs als phantastischen Träumer zu betrachten, um so mehr als es inzwischen dem Brasilianer Santos Dumont 1902 in Paris gelungen war, mit einem viel kleineren, nur 630 cbm fassenden Fahrzeuge die erste Preisaufgabe für Luftschiffahrt zu lösen, die darin bestand, vom Luftschifferpark in St. Cloud aus in einer halbstündigen Fahrt den Eifelturm zu umkreisen und zum Ausgangspunkte zurückzukehren. Der dem Brasilianer zufallende, von dem französischen Industriellen Deutsch de la Meurthe ausgeschriebene Preis betrug 100.000 Franken. Das Luftschiff Santos Dumonts erwies sich aber sehr bald als eine nur bei günstigten Windverhältnissen brauchbare Luftschiffahrts-Spielerei, Abb. 452.

Abb. 452. Steuerapparat des Santo-Dumontschen Luftschiffes.

 

Nach Santos Dumont war es vor allem der französische Ingenieur Juillot, der mit seinen im Auftrage der „Zuckerkönige“ Gebr. Lebaudy erbauten Luftschiffen namhafte Erfolge zu verzeichnen hatte. Das erste Fahrzeug „Le Jaune“ (2284 cbm), das mit seinen Aufstiegen 1902 begann, erzielte bereits eine Eigengeschwindigkeit von 11 m in der Sekunde. Nach mannigfachen Verbesserungen, die namentlich in dem „Lebaudy 1904“ (2666 cbm) zur Anwendung kamen, gelang es, diese Geschwindigkeit sogar noch etwas zu erhöhen. Die französische Regierung hielt nunmehr den Zeitpunkt für gekommen, das Lebaudy-Luftschiff, nachdem es eine ihm gestellte bestimmte Aufgabe trotz zahlreicher Schwierigkeiten glücklich gelöst hatte, für Militärzwecke anzukaufen und weitere gleichartige Luftschiffe in Bau zu geben. Erwähnt zu werden verdient noch, daß die Lebaudy-Luftschiffe aus deutschem, in Hannover angefertigtem Baumwollstoffe hergestellt und mit deutschen, von Daimler gebauten Kraftmaschinen ausgerüstet sind.

Inzwischen war die Zahl der Anhänger der Luftschiffahrt außerordentlich gewachsen, und man hatte infolgedessen – zunächst wiederum in Frankreich, später auch in anderen Ländern – damit begonnen, Luftreisen sportmäßig zu betreiben. In Frankreich war 1897 der „Aero-Club de France“ ins Leben gerufen worden, der 1900 während der Weltausstellung in Paris wiederholt Aufstiege und Wettflüge veranstaltet hatte. In Deutschland waren dem Berliner Verein für Luftschifffahrt 1889 der Münchner, 1896 der Oberrheinische in Straßburg, 1901 der Augsburger, 1902 der Niederrheinische in Barmen und der Posener Verein gefolgt. Diese Vereine schlossen sich 1902 auf Betreiben des Vorsitzenden des Berliner Vereins, des Geh. Regierungsrats Professor Busley, zu dem „Deutschen Luftschiffer-Verbande“ zusammen, dem auch die später gegründeten Vereine – so der Ostdeutsche Verein in Graudenz (1904), der Koblenzer Verein und der Fränkische Verein in Würzburg (1905) – beigetreten sind. Im Oktober 1905 wurde sodann in Paris der „Internationale aeronautische Verband“ gegründet, um dessen Zustandekommen sich namentlich der Vizepräsident des Aero-Club de France Comte de la Vaulx, und von deutscher Seite der Major Moedebeck verdient gemacht haben. Alle diese Vereine beschränkten sich indes fast ausschließlich auf die Förderung des Luftballonsportes, d.h. auf die Veranstaltung von Luftreisen in nicht lenkbaren Fahrzeugen.

Ende 1905 trat Graf Zeppelin mit seinem zweiten verbesserten Flugschiffe – 10.400 cbm Fassungsvermögen – hervor. Fast 5 Jahre hatte er gebraucht, um die nötigen Mittel für den Bau dieses zweiten Fahrzeuges zusammenzubekommen, aber unermüdlich, allen Widerwärtigkeiten trotzend, an der Fortführung seiner Pläne gearbeitet. Die vielen üblen Erfahrungen, die bei Sturm auf dem Bodensee mit der schwimmenden Halle gemacht worden waren, veranlaßten ihn, diesmal seine Versuche von einer festen Ballonhalle aus anzustellen, die er sich auf dem Ufer bei Manzell in der Nähe von Friedrichshafen in den Bodensee hineingebaut hatte. Leider wurde Graf Zeppelin bei den Versuchen mit seinem zweiten Luftschiffe wiederum vom Mißgeschicke verfolgt. Das Fahrzeug erlitt schon beim ersten Herausbringen aus der Halle am 30. November 1905 Beschädigungen und schoß in den See. Bei der zweiten Fahrt am 17. Januar 1906 trieb es infolge Versagens der Maschinen aufs Land, konnte hier – auf einer Waldwiese bei Rislech im Allgäu – zwar zunächst verankert werden, wurde aber dann in der folgenden Nacht durch einen orkanartigen Sturm so stark beschädigt, daß der Abbruch angeordnet werden mußte.

Ohne sich hierdurch abschrecken zu lassen, machte sich Graf Zeppelin sofort an die Erbauung seines dritten Flugschiffes, und nun endlich sah er seine Bemühungen von Erfolg gekrönt. Bei den ersten Aufstiegen am 9. und 10. Oktober 1906 erreichte der „Zeppelin 3“ (11300 cbm) eine Eigengeschwindigkeit von 14 bis 15 m in der Sekunde, wie sie bisher noch von keinem anderen Luftfahrzeug erzielt worden war, und führte zahlreiche glatte Wendungen über dem Bodensee aus.

In der Luftschiffer-Abteilung des deutschen Heeres war unterdessen eine Reihe tüchtiger Aeronauten, wie Parseval, von Kehler, Bartsch von Sigsfeld u.a. herangebildet worden. Major von Parseval erregte im Jahre 1906 Aufsehen durch seine Versuche mit einem in der Ballonfabrik von August Riedinger in Augsburg nach seinen Angaben gebauten Motorluftschiffe (2500 cbm Inhalt). Im Herbst desselben Jahres führte er mit seinem neuen Luftfahrzeug über dem Tegeler Schießplatz viele gelungene Fahrten aus und erreichte dabei eine Geschwindigkeit bis zu 13 m in der Sekunde.

Die im Juli 1906 auf Anregung des Kaisers gegründete „Motorluftschiffahrt-Studiengesellschaft“ kaufte das Parsevalsche Luftschiff an. Der technische Ausschuß dieser Gesellschaft hat sich große Verdienste erworben um die Prüfung von Ballonstoffen, Motoren und technischen Instrumenten aller Art u. dgl. Mehr. Wegen ihrer Verdienste um die meteorologische Erforschung der höheren Luftschichten seien die Namen der Professoren von Bezold in Berlin, Aßmann in Lindenberg und Hergesell in Straßburg – letzterer der Begründer der „Internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt“ – besonders hervorgehoben. Um das Interesse an der Luftschifffahrt weiter zu heben, rief die Gesellschaft Ende 1907 den „Deutschen Aero-Club“, und um den Bau von Luftschiffen zu fördern, 1908 die „Luftfahrzeug-Gesellschaft m.b.H.“ mit 500.000 Mark Stammkapital ins Leben. Die letzte soll zunächst die Verwertung des Parsevalschen Systems in Angriff nehmen.

Im Herbste 1907 führten sowohl der „Zeppelin 3“ als auch der auf 2800 cbm vergrößerte „Parseval“ eine große Zahl gut gelungener Fahrten aus, wobei die gleichen Eigengeschwindigkeiten wie 1906 (bei „Zeppelin 3“ 15 m, bei „Parseval“ 13 m in der Sekunde erreicht wurden. Die längste Fahrt dauerte bei dem „Zeppelin 3“ (am 30. September 1907) rund 8 Stunden, bei dem „Parseval“ (am 28. Oktober 1907) einschließlich einer Pause mit Zwischenlandung 7 Stunden. Die größte durchflogene Strecke betrug bei „Zeppelin 3“ etwa 340 km bei „Parseval“ etwa 135 km. Durch die Erfolge ermutigt, machte sich Graf Zeppelin sofort an die Erbauung eines neuen, noch größeren Flugschiffes, des „Zeppelin 4“, und auch die Motorluftschiff-Studiengesellschaft nahm den Bau von zwei weiteren Fahrzeugen in Angriff, von denen das eine vom Kriegsministerium bestellt worden war. Endlich winkte dem Grafen Zeppelin auch äußerer Lohn für seine unermüdlichen Bestrebungen im Dienste der Wissenschaft. Die verbündeten Regierungen stellten in den Reichshaushalts-Etat für 1908 einen Betrag von 2.150.000 Mark zum Ankaufe der Zeppelin-Luftschiffe für das Reich ein, von denen 1.650.000 Mark einen Ersatz für die Aufwendungen des Grafen Zeppelin, die weiteren 500.000 Mark aber eine Entschädigung für die eigenen Arbeiten des Erfinders darstellen sollten. Der Ankauf wurde indes davon abhängig gemacht, daß es – wie es in der dem Etat beigegebenen Denkschrift heißt – „dem Grafen Zeppelin im Laufe des Jahres 1908 gelingen werde, mit seinen Schiffen die sowohl hinsichtlich der Dauer der Fahrt wie der Geschwindigkeit, der Erreichung großer Höhen und der Sicherheit des Landens auf festem Boden zu stellenden Anforderungen der Reichsverwaltung zu erfüllen“.

Graf Zeppelin rechtfertigte das in ihn gesetzte Vertrauen im vollsten Maße. Das Jahr 1908, in dem das etwa 15.000 cbm fassende Luftschiff „Zeppelin 4“ fertiggestellt wurde, wird in der Geschichte der Luftschifffahrt für ewige Zeiten ein große Rolle spielen. Von den glatt verlaufenen Probefahrten seien nur die am 11. Juli 1908 ausgeführte zwölfstündige Fernfahrt nach der Schweiz und ferner die Fahrt besonders erwähnt, an der der König und die Königin von Württemberg teilnahmen. Bemerkenswert war die letzte Fahrt namentlich deshalb, weil Graf Zeppelin bei ihr den Nachweis erbrachte, daß es ihm möglich sei, während der Fahrt Fahrgäste auszuschiffen und neue an Bord zu nehmen. Anfang August rüstete sich dann Graf Zeppelin zur Ausführung der ihm aufgegebenen 24 stündigen Dauerfahrt nach Mainz. Die Ereignisse des 4. und 5. August haben sich in aller Gedächtnis viel zu nachhaltig eingeprägt, als daß es einer ausführlichen Schilderung bedürfte. Am 4. August trat „Zeppelin 4“ seine Fahrt über Konstanz, Straßburg und den Rhein hinab an, bei Oppenheim mußte er eine Zwischenlandung vornehmen, um einen Motorschaden auszubessern; nach wenigen Stunden erhob sich das Luftschiff wieder, erreichte sein Ziel Mainz und schlug nun den Rückweg quer über Land in der Richtung nach Stuttgart ein. Nicht mehr weit vom Ausgangspunkt, beim Marktflecken Echterdingen, zwang ein abermaliger Motorschaden zur Landung. Am Nachmittag des 5. August setzte plötzlich ein gewaltiger Gewittersturm ein, der das Luftschiff losriß; im selben Augenblick geriet es in Brand und ward vollkommen zerstört.

Dieser schwere Schicksalsschlag für den rasch populär gewordenen Erfinder hatte jedoch eine unvorhergesehene Wirkung und zwar in der Folge von größter Bedeutung für die weitere Entwicklung der lenkbaren Zeppelin-Luftschiffe. In verhältnismäßig kurzer Zeit hatte das deutsche Volk durch öffentliche Sammlungen einen Betrag von 5,5 Millionen Mark aufgebracht, die dem Grafen Zeppelin für seine weiteren Arbeiten zur freien Verfügung überwiesen wurden. Mit den neuen Geldmitteln wurde die Zeppelin-Luftschiffbau-Gesellschaft gegründet, die nun in großem Stile den Bau von Luftschiffen vornahm.

Auch Major von Parseval konnte im Sommer und Herbste 1908 mit seinem zweiten, für die Militärverwaltung erbauten Motorluftschiffe (3800 cbm) hervorragende, über das in anderen Ländern Erreichte weit hinausgehende Erfolge verzeichnen, so daß Deutschland heute auf dem Gebiete der Aerostatik mit zwei in der Anlage völlig verschiedenen Fahrzeugen an der Spitze steht. Leider aber hatte von Parseval ebenfalls das Unglück, daß sein Ballon durch Absturz bei ungünstiger Witterung vorübergehend gebrauchsunfähig wurde. Am 15. September 1908 führte das Schiff eine Dauerfahrt von 11 Stunden 35 Minuten aus, bei der eine Strecke von 250 km zurückgelegt wurde, und löste damit die erste der ihm von der Heeresverwaltung gestellten Aufgaben.

Von den freifliegenden Ballons unterscheiden sich die lenkbaren Luftschiffe schon rein äußerlich durch die Gestalt des Tragkörpers. Während bei den freifliegenden Ballons naturgemäß die Kugelgestalt bevorzugt wird, hat man den Tragkörpern der lenkbaren Fahrzeuge von jeher eine längliche Gestalt gegeben, die bald einem Torpedo, bald einer Zigarre, bald einem Fische – mit kurzem stumpfen Kopfe und langem spitz auslaufenden Hinterteil – ähnelte. Die Fischform besitzt nicht nur günstige Widerstandsverhältnisse bei Durchdringung der Luft, sondern erleichtert auch die Aufgabe, den Körper des Fahrzeugs in gleichmäßigem, geradlinigem Fluge zu führen, was erfahrungsgemäß außerordentlich wichtig ist. Diese letzte Aufgabe wird weiter erreicht durch sogenannte „Stabilisierungs- oder Dämpfungsflächen“ am hinteren Ende des Fahrzeuges, die ähnlich den Federn eines Pfeiles angeordnet sind und schon bei dem ersten wirklich lenkbaren Luftschiffe, dem des Hauptmann Renard in Paris, 1884 Verwendung gefunden hatten. Dem Tragkörper wird seine Bewegung durch sogenannte „Luftschrauben“ erteilt, die den bei Seeschiffen gebräuchlichen Schrauben nachgebildet sind. Sie haben zwei, drei oder vier Flügel und werden aus Stahlblech, Aluminium, Blech, Holz oder aus mit Stoff überzogenen Rahmen gefertigt. Eine Abweichung hiervon zeigt nur das Parseval-Luftschiff, bei dem die Schraubenflügel nicht aus steifem Materiale, sondern aus sehr kräftigem Leinenstoffe hergestellt sind, der durch eingelegte eiserne Seile und Stahlleisten ziemlich schwer gemacht wird. Erst bei der Bewegung werden die Flügel durch die Zentrifugalkraft ausgebreitet und sodann gespannt erhalten. Ein wichtiges Erfordernis für den Tragkörper eines Motorluftschiffes besteht darin, daß er äußerlich keine Falten zeigt, vielmehr stets „prall“ ist.

Zu diesem Zwecke besitzen fast alle lenkbaren Luftschiffe, mit Ausnahme der Zeppelinschen, einen oder zwei große, im Innern des Ballons auf dem Boden liegende Säcke, auch „Ballonets“ genannt, die durch Aufblasen mit Luft gefüllt werden können. Bei Gasverlusten wird durch Einpumpen von Luft in diese Säcke der Inhalt ausgeglichen und außerdem ein innerer Überdruck erzeugt, der dazu hilft, dem Tragköper eine stets tadellose äußere Gestalt zu verleihen. Der wichtigste Teil des Luftschiffes – seine „Seele“, wie sich Major von Parseval ausdrückt – ist der Motor. Dieser muß betriebssicher sein, darf nur wenig Raum einnehmen und möglichst geringes Gewicht haben. Hier kamen der Motorluftschiffahrt die Fortschritte der Kraftwagenindustrie zugute. Die Anforderungen an den Motor sind beim Luftschiff aber erheblich größer als beim Kraftwagen. Denn während beim Kraftwagen nur selten die höchste Kraftleistung gefordert wird, ist dies beim Luftschiff in der Regel während der ganzen Fahrt der Fall. Daraus erklärt sich auch das häufige Versagen der Motoren, das namentlich dem Grafen Zeppelin so verhängnisvoll wurde. Zur Verwendung kommen ausschließlich Benzinmotoren.

Die einzelnen Systeme der aerostatischen lenkbaren Fahrzeuge weichen hauptsächlich durch die Bauart, die angewandt wird, um das Luftschiff möglichst unverändert in seiner Form zu erhalten, ferner durch die Zahl und die Art der Anbindung der Schraubenflügel und durch die Art der Höhensteuerung voneinander ab. Der erste Gesichtspunkt ist maßgebend für die Unterscheidung, die sich heute am meisten eingebürgert hat, nämlich in die drei Klassen des starren, halbstarren und unstarren Systems. Bei dem starren und dem halbstarren Systeme werden zur Versteifung der Ballons lange, brückenähnliche Träger aus Stahl, Aluminium oder Holz verwendet, die bei dem starren System in den Tragkörper selbst eingebaut sind, ihn ganz ausfüllen und daher mit ihm ein untrennbares Ganzes bilden, während sie bei dem halbstarren System unter dem Ballon befestigt und abnehmbar eingerichtet sind. Bei dem unstarren Systeme findet eine Versteifung durch Träger überhaupt nicht statt; die nötige Starrheit des Tragkörpers wird vielmehr ausschließlich durch inneren Überdruck hergestellt.

Das starre System wird einzig und allein durch die Flugschiffe des Grafen Zeppelin vertreten. Diese gehen, wie wir schon aus den Angaben über ihren Kubikinhalt gesehen haben, in ihren Größenverhältnissen weit über die aller anderen bisher erbauten Luftfahrzeuge hinaus. „Zeppelin 1“ in seiner ursprünglichen Gestalt war 128 m lang bei 11,6 m Durchmesser, „Zeppelin 2“ 126 m lang bei 11,7 m und „Zeppelin 3“ ebenfalls 126 m lang bei 11,8 m Durchmesser; „Zeppelin 4“ war sogar 136 m lang und hatte einen Durchmesser von 13 m. Der neue „Zeppelin 1“ hat nach seinem Umbau annähernd die gleiche Länge erhalten, wie der verunglückte „Zeppelin 4“; sein Durchmesser beträgt 11,7 m. Der eigentliche Tragkörper besteht bei den Flugschiffen Zeppelins aus einem Zylinder vom Querschnitt eines Sechszehnecks, dessen Spitzen eiförmig auslaufen. Diese Form wird durch ein starres Aluminiumgerippe gebildet und ständig erhalten. Jeder Längsträger bildet eine Kante des sechszehneckigen Zylinders und der Spitzen. Die Längsträger sind durch Querrippen so miteinander verbunden, daß diese die Gestalt sechszehneckiger Reifen annehmen. Durch die Reifen werden 16 oder 17 einzelne Querabteilungen gebildet, in deren jeder sich ein Gasballon befindet. Das ganze Gerippe wird unten noch durch einen Trägerbau in der Längsrichtung versteift, der gewissermaßen das Rückgrad der gesamten starren Konstruktion bildet.

Über das Gerippe ist eine wasserdichte Stoffhülle gelegt, die dem Tragkörper stets eine glatte Außenfläche sichert. Die untere Längsversteifung ist mit einem Laufstege versehen, durch den die beiden Gondeln miteinander verbunden sind, und in dessen Mitte ein Schlafraum eingebaut ist, damit sich die jeweilig dienstfreie Mannschaft ausruhen kann. Unter dem Verbindungsstege läuft auf Schienen ein von der Führergondel aus lenkbarer Laufschlitten, der die nötigen Ersatzbestandteile enthält.

Die Aluminiumgondeln, die unmittelbar unter dem Tragkörper angebracht sind, sind sowohl mit diesem wie mit dessen unterer Versteifung starr verbunden. Die vordere Gondel ist die Führergondel; in jeder Gondel befindet sich ein vierzylindriger Daimlermotor, der zwei Schrauben, eine rechts, eine links vom Luftschiffkörper, antreibt. Es sind mithin vier Schrauben vorhanden. Die Seitensteuer befinden sich am hinteren Ende des Tragkörpers zwischen den Stabilisationsflächen. Sie bestehen auf jeder Seite aus drei lotrechten, mit Stoff bespannten Rahmen. Die Höhensteuer sind unter dem vorderen und dem hinteren Ende des Schiffes angebracht; sie bestehen aus je vier Parallelflächen, die genau wie die Seitensteuer gebaut sind, aber in ihrer Mittelstellung wagrecht liegen. Die Wirkung der Höhensteuer ist die gleiche wie die eines Drachen. Will man z.B. aufwärts fahren, so wird die vordere Flächengruppe so gestellt, daß sie die Spitze des Schiffes hebt, die hintere Gruppe dagegen so, daß sie das Heck nach unten drückt.

Als Traggas kommt für das Luftschiff ausschließlich Wasserstoff in Betracht. Da häufig wieder der Vorschlag auftaucht, zur heißen Luft zurückzukehren, sei erwähnt, daß man zur Erreichung des gleichen Auftriebs wie mit Leuchtgas, die Luft auf 370° und für die gleiche Leistung wie Wasserstoff gar auf 1600° erhitzt werden müßte. Auch eine Erwärmung des Wasserstoffgases, welcher Vorschlag von einem Schweizer Ingenieur gemacht wurde, hat keinen Zweck, da die Auftriebvermehrung des Wasserstoffgases bei einer Erwärmung auf 100° nur 0,9 v.H. beträgt.

Als Stoffe für die Gashüllen der Luftschiffe kommen wohl nur gummierte und gefirnißte Stoffe in Betracht. Die ganz leichten Doppelstoffe und die einfach gummierten kommen hauptsächlich für das starre System und für die Luftsäcke des unstarren in Betracht, weil diese Stoffe keinen besonders hohen Druck auszuhalten haben. Die stärkeren Doppel- und dreifachen Stoffe werden für die unstarren Luftschiffe verwandt. Während die Ballonstoffe eine Gasdurchlässigkeit von unter 10 l auf den Quadratmeter Oberfläche innerhalb 24 Stunden bei 30 mm Überdruck besitzen, genügen für die Tragflächen der Flugmaschinen die leichtesten Stoffe mit geringer Gummierung, da es bei ihnen auf völlige Gasdichte nicht ankommt.

Über die Leistungsfähigkeit und Gleichwertigkeit der einzelnen Luftschiffkonstruktionen kann man heute noch kein abschließendes Urteil fällen. Die grundsätzlichen Vorzüge und Nachteile des starren und unstarren Systems wurden bereits oben kurz erwähnt, sie sollen daher im folgenden zusammenfassend gegenübergestellt werden.

Die Vorteile des unstarren Systems sind:

Geringere Abmessungen und infolgedessen leichteres Landen. Zerlegbarkeit und Transportfähigkeit aller Ballonorgane. Geringere Betriebskosten wegen des relativ kleinen Kubikinhaltes. Einfache und leichte Hülle. Geringerer Gas- und Benzinverbrauch. Raschere Inbetriebsetzung eines fertig montierten Ballons, weil Füllung rascher erledigt. Rasche Landung, weil eine Reißleine anwendbar. Geringe Herstellungskosten.

Die Nachteile des unstarren Systems sind:

Bei starken Gasverlusten gefährliche Formveränderungen und Einknicken der Hüllen. Geringere Widerstandsfähigkeit bei starken Windstößen (Luftwirbeln, Böen). Gefahrenquelle bei eindringenden Geschossen, da der Gasinhalt sofort entweicht und auch der Ballon zu brennen anfängt. Relativ höhere Gasdurchlässigkeit. Geringere Widerstandsfähigkeit der Hülle gegen Witterungseinflüsse. Drehmoment der Propeller, bestehend aus der Zugkraft derselben mal dem Abstand von der Achse des Flugschiffes. Unruhiges Fahren, da die Gondel stark schlingert. Rasches Ablassen der Gase bei defekter Hülle, weil die Gase unter Druck stehen. Relativ hohe Beanspruchung der Ballonhülle.

Die Vorteile des starren Systems (Bauart Zeppelin) sind:

Erhaltung der Ballonform auch bei starken Gasverlusten und hohe Widerstandsfähigkeit bei Wirbelwinden und Böen. Gittergerüst ermöglicht den Bau von außerordentlich großen Flugschiffen von bedeutender Tragkraft (3000 kg und mehr). Ruhiger und betriebsicherer Gang des Fahrzeuges, da die starr angebaute Gondel und Triebschrauben keine, oder nur geringe, pendelnde Bewegungen machen. Bei vielen inneren Zellenballons beeinträchtigt eine einzelne beschädigte Zelle die Betriebssicherheit des Ballons noch nicht. Die Zellen sind durch eine Luftschicht von der äußeren Hülle isoliert und die Sonnenstrahlen erwärmen das Gas nicht so unmittelbar wie bei der unstarren einfachen Hülle.

Abb. 453. Neues Militäluftschiff P III.

 

Die Nachteile des starren Systems (Bauart Zeppelin) sind: Unzerlegbarkeit des Ballons und dadurch schlechte Transportfähigkeit. Landen wohl nur auf großen ebenen Flächen, also nicht auf allen Bodenflächen möglich. Starres Gerippe verschlingt viel von der Auftriebskraft des Gases durch sein hohes Eigengewicht, d.h. die Abmessungen der Hülle müssen in Rücksicht auf das hohe Eigengewicht des Gerippes schon sehr groß gewählt werden, um noch einen genügend freien nutzbaren Auftrieb zu behalten. Hoher Gasverbrauch für die einzelnen Füllungen und starke Gasverluste durch Steuern und Durchlässigkeit der relativ großen Hüllen. Hohe Herstellungskosten und große Ballonhallen.

Die halbstarren Systeme nach Groß und Lebaudy halten in ihren Vorteilen und Nachteilen die Mitte zwischen starr und unstarr, indem hohe Gasverluste noch kein Einknicken der Hülle bewirken, da die Plattform oder der Kiel eine Verstärkung der Hülle bildet. Die Transportfähigkeit und die Zerlegbarkeit eines schadhaft gewordenen Ballons ist aber wieder etwas geringer als bei dem unstarren System; auch die Baukosten sind höher.

Beim Zeppelinballon ist auch die Ausbildung der Schotten, insbesondere daß 19 Gaszellen durch die äußere Hülle umschlossen und gegen Erwärmung und mechanische Beschädigungen mehr geschützt sind, grundsätzlich richtiger wie Flugschiffe mit einer Hülle.

Abb. 454. Gondel des neues Militäluftschiffes P III.

 

Das zweite Luftschiff, mit dem Deutschland die Erfolge aller Länder übertroffen hat, der Parseval-Motorballon, ist der ausgesprochene Vertreter des unstarren Systems, Abb. 453 u. 454. Der Tragkörper hat bei dem neuesten Luftschiffe dieser Art Fischform und ist ungefähr 58 m lang bei einem Durchmesser von 9,6 m. Er besitzt drei Pfeilflächen, von denen die senkrechte hinten das Steuerruder trägt. Die nötige Starrheit des Tragkörpers wird ausschließlich durch Aufblasen erzielt, was durch die tiefe Gondelaufhängung wesentlich erleichtert wird. Die im Inneren des Tragkörpers befindlichen beiden großen Luftsäcke können, wenn sie vollständig aufgeblasen sind, zusammen etwa ein Viertel des Ballonraums einnehmen. Durch Einblasen von Luft in diese Säcke wird die Hülle äußerlich „prall“ erhalten. Außerdem dienen die Säcke für die Zwecke der Höhensteuerung, indem man nach Bedarf Luft aus dem einen Sacke aus- und in den anderen eintreten läßt und dadurch der Schwerpunkt entsprechend verschiebt. Jeder Luftsack hat ein Überdruckventil und einen durch eine Klappe verschließbaren Einlaß. Die Gondel ist nicht starr am Ballon aufgehängt, sondern kann wie eine Schaukel vor und rückwärts pendeln, wobei sie durch eine sinnreiche Vorrichtung (Führung der Halteseile über Rollen am Gondelgestelle) stets parallel zur Ballonachse erhalten wird. Die bisher erprobten Fahrzeuge haben nur einen Motor und eine Schraube, das im Bau befindliche neue soll zwei Motoren und zwei Schrauben erhalten. Ein besonderer Vorzug des Parseval-Luftschiffes ist, daß es infolge seiner unstarren Bauart – abgesehen von der Gondel sind nur bei den Steuer- und Stabilisierungsflächen einige starre Teile vorhanden – in wenigen Stunden zusammengelegt und befördert werden kann. Dagegen ist es den Zeppelin-Flugschiffen gegenüber u.a. dadurch im Nachteile, daß es durch die kleinste Beschädigung der Hülle des Tragköpers unfehlbar zum Sinken gebracht wird. Dem unstarren Systeme sind außer den Parseval-Motorballons noch die französischen Luftschiffe „Ville de Paris“ und „Bayard-Clément“ zuzuzählen, die beide etwa 60 m lang sind und 10,5 m Durchmesser haben, sowie der 32,5 m lange Motorballon des Grafen de la Vaulx. Dem Vernehmen nach wird auch das bei den Siemens-Schuckertwerken im Bau befindliche Luftfahrzeug unstarr hergestellt. Es wird bei einer Länge von mehr als 100 m einen Durchmesser von 13 m erhalten, also in seinen Abmessungen nur wenig hinter den Flugschiffen Zeppelins zurückbleiben.

Die weitaus größte Zahl der zurzeit vorhandenen Motorluftschiffe gehört dem halbstarren System an, wie es am besten bei den Lebaudy-Luftschiffen „Patrie“ (Länge 60 m) und „République“ zum Ausdrucke gekommen ist. Diese Schiffe besitzen als Versteifung ein Aluminiumgerüst, das unter dem Ballon befestigt ist. An dem Gerüste hängt an Seilen die Gondel. Stabilisierungsflächen, die aus mit Stoff überzogenen Rahmen von Stahl und Aluminium bestehen, sind außer am hinteren Ende des Ballons auch noch an dem Gerüst angebracht, an dem sich außerdem das Seitensteuer befindet. In der Hülle des Tragkörpers ist ein Ballonet von 650 cbm Fassungsvermögen untergebracht. Zur Höhensteuerung dienen wagerechte Aeroplanflächen, die so gestellt werden können, daß sie den Ballon auf- oder abwärts drücken. Da der tiefliegende Schwerpunkt der Gondel große Schrägstellungen nicht zuläßt, findet hierbei eine Neigung der Ballonachse nur in sehr geringem Grade statt.

Auf die wichtige Rolle, die der Motor im lenkbaren Luftschiff spielt, wurde schon oben hingewiesen. Die Hauptaufgabe bei der Konstruktion eines Luftschiffmotors besteht darin, ihn so leicht und dauerhaft wie möglich zu gestalten. Die Franzosen verfielen zunächst in den Fehler, die Gewichtsgrenze auf Kosten der Betriebssicherheit und Lebensdauer allzu tief herabzusetzen. Aber die extrem leichten Motoren sind überwunden, weil sie zwar sehr leicht, dafür aber unzuverlässig sind. Beruhen doch fast alle Aeroplanunfälle auf der Unzuverlässigkeit der Motoren. Die Gebrüder Wright haben sich von Anbeginn an dieser Erkenntnis nicht verschlossen und verwenden für ihre Flugmaschinen Motoren, die sich den normalen Automobilmotoren in bezug auf Gewichtsbegrenzung stark anlehnen.

Das Bestreben, an Gewicht zu sparen, hat zu außergewöhnlichen Zylinderanordnungen geführt. Die Geschichte des Luftschiffmotors hat halbstern- und sternförmig, sogar etagenförmig angeordnete Motoren zu verzeichnen gehabt, wobei die Anzahl der Zylinder zwischen 4 und 20 schwankte. Aber alle diese Konstruktionen konnten den praktischen Anforderungen nicht genügen. Sie erschwerten in der unübersichtlichen Anordnung ihrer einzelnen, der Überwachung bedürftigen Organe die Kontrolle. Die unzureichende Schmierung der Zylinder, das Herausragen gerade der heißesten Motorteile, nämlich der Zylinderköpfe, und die hierdurch bedingte Verbreiterung der Gondel bezeichnen beispielsweise die Mängel, die allen diesen Konstruktionen mehr oder minder anhaften. Nun ist es ja außer Frage, daß der extrem leichte Motor für die Flugmaschine ein wesentlicher Bestandteil in dem Moment sein wird, in dem es gelingt, ihn ebenso dauerhaft und zuverlässig zu machen wie die schwereren Motoren. Dieser Beweis ist aber bisher nicht erbracht worden, und aus diesem Grunde haben es auch alle ernst zu nehmenden Führer der Motorluftschiffahrt vorgezogen, Motoren anzuwenden, die in erster Linie dauerhaft waren, und bei denen eine allzu intensive Herabsetzung des Gewichtes überhaupt nicht diskutiert wurde.

Alle die Großen unserer Motorluftschiffahrt verwenden Motoren, die sich in der Anordnung der Zylinder und in der Bestimmung der Gewichtsgrenzen durchaus an den Bewährten Typus des Automobilmotors anlehnen. Als daher die NAG vor die Frage gestellt wurde, einen Luftschiffmotor zu bauen, waren ihre Konstrukteure sich keinen Augenblick im Zweifel, daß sie sich nicht allzuweit von den bewährten Prinzipien des Automobilmotors entfernen durften, und die Entscheidung schwankte nur bezüglich der Frage: vier oder sechs Zylinder. Die NAG wählte den Sechszylinder. Der Motor des Sechszylinders hat nämlich unstreitig den größeren Vorzug, der besonders dem Luftschiffer willkommen sein muß, nämlich einen ideal leisen, ruhigen und erschütterungslosen Gang. Das kleine Mehrgewicht des Sechszylinders gegenüber dem Vierzylinder gleicht sich dadurch wieder aus, daß der Sechszylinder infolge seines ruhigen Ganges einen leichteren Aufbau des Gondelgerüstes gestattet.

Die Sechszylinder haben eine Bohrung von 150 mm bei einem Hub von 130 mm. Die Leistung des Motors beträgt 100 PS. Bei ungefähr 1000 Umdrehungen in der Minute, die Tourenzahl kann jedoch vorübergehend gesteigert werden, wodurch sich die Leistung des Motors entsprechend erhöht. Besonders hervorzuheben ist die Übersichtlichkeit und bequeme Zugänglichkeit aller Motorteile, die der Wartung bedürfen, und die infolge des natürlichen Verschleißes leicht auswechselbar sein müssen. Aus diesem Grunde wurden alle in Frage kommenden Aggregate, wie die Einlaßventile, die Vergaser, die Wasserpumpe und der Magnetapparat auf eine Seite, „die Bedienungsseite“, gelegt, so daß der Maschinist die Auswechselungen und die Kontrolle bequem vornehmen kann. Diese zweckmäßige Anordnung ermöglicht es, die Breite der Gondel auf ein Minimum zu beschränken und hat infolgedessen eine schätzenswerte Gewichtsersparnis zur Folge. Die komplette Maschine wiegt, einschließlich Magnet, Pumpe, Schwungrad, Vergaser, den Leitungen der Druckluftanlaß-Vorrichtung, Dekompressions-Vorrichtung und des Mechanismus ca. 400 kg, so daß sich für die Pferdekraft ein Gewicht von annähernd 4 kg ergibt.

Der Maschinist soll aber nicht nur alle Teile leicht erreichen können, er muß auch in die Lage gesetzt werden, Auswechselungen während der Fahrt so schnell wie nur irgend möglich vorzunehmen. Auch diesen gewichtigen Anforderungen der Praxis sind die Konstrukteure der NAG gerecht geworden. So kann z.B. ein Zünder bei laufendem Motor innerhalb 40 Sekunden ausgewechselt werden. Der Magnet ist sinnreich befestigt und kann durch ein paar Griffe gegen einen anderen vertauscht werden.

Um eine solide Lagerung des ganzen Motors zu erzielen, liegt der Oberteil des Kurbelgehäuses seitlich in seiner ganzen Länge mit zwei durch Rippen versteiften Leisten auf den Gondellängsträgern auf. Außer den beiden Endlagern haben sämtliche Grundlager besondere Lagerdeckel, die von Schrauben am Kurbelgehäuse-Oberteil getragen werden. Daher ist es leicht möglich, durch die Abnahme des Unterteils die Lager zu kontrollieren. Das Kurbelgehäuse-Unterteil ist also in der Hauptsache als Ölbehälter ausgebildet, der durch Zwischenwände in sechs Kammern geteilt ist; hierdurch erhält auch bei Schrägstellung der Gondel jedes Kurbellager die gleiche Ölmenge. Zur Ableitung der Wärme hat das Unterteil querlaufende Rippen. Jede Kammer hat an der tiefsten Stelle einen durch Schrauben verschlossenen Ölablaß. Die Kurbelwelle ist zwischen jedem Pleuellager gelagert, so daß sie sieben, mit Weißmetall ausgegossene Grundlager besitzt. Die sechs Kurbellager sind von der Mitte aus symmetrisch angeordnet und um 120° gegeneinander versetzt. Die Kurbelwelle aus Chromnickelstahl ist in ihren Zapfen durch große axiale Bohrungen nach Möglichkeit erleichtert. Auf zwei, ebenfalls am Kurbelgehäuse-Oberteil befindlichen Konsolen ruhen eine kräftig wirkende Zentrifugalpumpe für die Zirkulation des Kühlwassers und ferner ein Hochspannungs-Magnetapparat für die Zündung. Der Antrieb erfolgt durch eine außerhalb des Kurbelgehäuses liegende Zahnradübersetzung auf die Pumpenwelle, während die Welle des Magnetapparates mit dieser durch eine leicht lösliche Schnappkupplung verbunden ist. Hand in Hand mit dieser praktischen Anordnungsweise geht ein sehr sparsamer Brennstoff- und Ölverbrauch, der beim Luftschiffmotor noch gewichtiger mitspricht als beim Automobil.

Abb. 455. Der NAG-Sechszylindermotor von der Auspuffseite.

 

In Abb. 455 ist der neueste Flugmotor der NAG dargestellt; er leistet 55 bis 56 PS. bei 1600 Umdrehungen in der Minute und wiegt komplett mit Schwungrad und Magnetapparat ohne Öl und Wasser 106 kg, so daß auf eine Pferdekraft nur 1,9 kg Motorgewicht entfallen. Die Maschine besteht aus vier einzelnen Zylindern aus Grauguß, die innen und außen bearbeitet sind, wodurch die Wandstärke an allen Stellen auf dasselbe Maß gebracht wird. Ein Verziehen der Zylinder oder ein Festbrennen der Kolben im Betriebe wird hierdurch vollkommen ausgeschlossen. Das Kurbelgehäuse besteht aus einem einzigen Stück und hat keine Teilfuge. Infolge des hierdurch ermöglichten Fortfalles der Flanschen und Schrauben wird bedeutend an Gewicht gespart. Die fünfmal gelagerte Kurbelwelle ist außerordentlich kräftig bemessen und damit die Gefahr eines Bruches ausgeschlossen. Die Schmierung der Lager, denen das Öl durch eine besondere Pumpe zugeführt wird, ist besonders sorgfältig durchgebildet. Die Pleuelstangen sind in Spezialstahl aus dem Vollen hergestellt und so durchkonstruiert, daß trotz ihrer überraschend großen Leichtigkeit jede Bruchgefahr vermieden wird. Auf einer Verlängerung der Kurbelwelle sitzt eine kleine Zentrifugalpumpe, die das Kühlwasser zu den einzelnen Zylindern und von dort zum Kühler befördert. Auf der vorderen Seite des Kurbelgehäuses ist außer dem Magnetapparat und den Antriebsrädern für die Steuerwelle ein kleiner Hebel angeordnet, mittels dessen alle Auslaßventile geöffnet werden können, wodurch die Maschine sofort abgestoppt wird. Eine vollständige Ansaugleitung mit Vorwärmvorrichtung, Vergaser und Drosselklappe ermöglicht das Aufsuchen der größten Höhen unbeschadet der guten Funktion des Vergasers. Der Motor ist bereits im praktischen Betriebe erprobt worden, und die erzielten Resultate berechtigen zu der Annahme, daß diesem neuen deutschen Flugmotor in Anbetracht seiner Vorzüge, der größten Betriebssicherheit bei kleinem Gewicht und geringem Benzin- und Ölverbrauch, sich ein weites Anwendungsgebiet erschließen wird.

Abb. 456. Luftschiffgondel.

 

Neben der Herstellung von Luftschiffmotoren befaßt sich auch die NAG mit dem Bau von Luftschiffgondeln In Abb. 457 sehen wir das Modell einer Luftschiffgondel, System Parseval, aus Nickelstahl mit Motor, Kühler, Benzinbehälter, Propeller, Kupplungs- und Übertragungsgestänge. Auch werden die Gondeln mit zwei 100 PS.-Motoren und dementsprechend mit zwei Propellern ausgerüstet. Die Konstruktion ist so eingerichtet, daß jeder Motor allein oder beide zugleich arbeiten können. Jeder Motor hat selbständige Kupplung, und in der Gondel laufen zwei Schraubenwellen. Die Doppelschraubengondel ist daher etwas größer als die erste, hat aber eine größere Stabilität.

Abb. 457. Modell einer Parseval-Gondel.

 

Der Parseval-Ballon als Tragkörper ist so eingeteilt, daß von hinten gesehen zunächst ein Abschnitt zum Tragen der Steuerorgane dient. Demnächst folgt der Gasraum, welcher die Gondel zu tragen bestimmt ist; in diesem Gasraum befinden sich an beiden Enden die Luftsäcke, auch Ballonets genannt. Diese müssen so groß sein, daß – nach Verbrauch des ganzen Ballastes und Brennstoffes sowie aller anderen allenfalls noch möglichen Erleichterungen des Schiffes, wenn infolge des Steigens eine große Menge Gas verloren gegangen ist, und nun beim Niedergehen ein Überfluß an Raum im Ballon entsteht – der Raumüberfluß ausgeglichen wird. Zurzeit macht man die Ballonets so groß, daß sie ein Viertel des Ballons einnehmen, wenn sie ganz aufgeblasen werden. Diese Größe reicht aus bis zu Landungen aus einer Höhe von 2000 m. Die Anordnung der Ballonets zeigt die Abb. 458; die punktierten Linien geben den Umriß der Luftsäcke in aufgeblasenem Zustand. Die Füllung der Luftsäcke erfolgt durch einen Ventilator, der so groß ist, daß er etwa den 4000. Teil des Ballonvolumens pro Sekunde fördern kann. In dem T-Stück G befinden sich zwei Sicherheitsventile und eine Klappenanordnung, welche beide Ballonets voneinander trennt und den Luftstrom beliebig dem einen oder anderen zuzuführen gestattet. Von der Oberseite der Luftsäcke geht eine große Anzahl Leinen senkrecht an die Oberseite des Ballons und vereinigt sich hier, über Rollen laufend, zu einer Schlußleine, welche an das Hauptventil führt. An diesem läuft sie über drei Rollen, von denen zwei an einem starken Bügel befestigt sind, während die dritte an dem Ventilteller angebracht ist. Spannt sich die Leine, so wird das Hauptventil aufgezogen. Wenn der Ballon steigt, so werden zunächst durch die Ausdehnung des Ballongases die Luftsäcke zusammengedrückt, indem durch die Sicherheitsventile G-G die Luft entweicht. Ist dies geschehen, so spannen sich die Leinen und ziehen das Hauptventil auf, so daß der Ballon, wenn das Gas sich noch weiter ausdehnt, vor dem Platzen geschützt ist. Die Verbindungsleine kann auch dann noch von einem zum anderen Luftsack über die Rollen am Ventil hin und her gleiten, wenn ein Luftsack sich füllt und der andere sich entleert. Man kann also auch dann noch die Luft in den Säcken nach Bedarf hin und her schieben. Um eine weitere Sicherheitsvorrichtung zu haben für den Fall, daß die Anordnung nicht richtig funktionieren sollte, ist dem Ventil gegenüber am Bauche des Ballons eine große Membran angeordnet, welche mit dem Ventil durch eine Leine verbunden ist. Distanzleinen halten den Ventilring und den Außenring um die Membran in entsprechendem Abstand. Überschreitet der Druck im Ballon das zulässige Maß, so öffnet die große Membran das Ventil. Gleichzeitig dient die Membran als Durchgang für die Ventilleine.

Von den Punkten E und F gehen vertikale Leinen an die beiden Enden der Gondel A und B, welche die parallele Lage der Gondel zum Ballon herstellen. Von den Punkten C und D läuft über die Rollen A und B an der Gondel ein Tau. Die Abmessungen sind nun so gehalten, daß die Gondel um die Punkte E-F in paralleler Lage zum Ballon vor- und rückwärtsschwingen kann, wobei sie mit ihren Rollen bei A und B auf dem Gleittau C-D hin und her gleitet.

Abb. 458. Anordnung der Ballonets.

 

Will man große Geschwindigkeit, große Nutzlast, lange Fahrtdauer in bedeutender Höhe vereinigen, so muß man Luftschiffe von umfangreichen Dimensionen bauen. Es ist also notwendig, die Fahrtdauer und die Höhenleistungen sowie auch die Nutzlast möglichst zu beschränken. Man ist imstande, heute Luftschiffe von 3000 bis 4000 cbm Fassung zu bauen, die eine Geschwindigkeit von 15 m in der Sekunde entwickeln. Bei Verdopplung des Volumens ist eine Geschwindigkeit von 17 Metersekunden erreichbar. Für Schiffe zu Vergnügungszwecken kann man sich mit 14 bis 15 m Geschwindigkeit begnügen, um eine größere Nutzlast mitführen zu können. Die Fahrtdauer für große Schiffe ist mit 24 Stunden bei Volleistung sehr genügend bemessen; für kleinere kann man sich mit 6 Stunden bei Volleistung begnügen, was einer zehn- bis zwölfstündigen Fahrt mit Marschgeschwindigkeit entspricht. Als Bemannung sind vier Personen das mindeste, wovon zwei bis drei zur Bedienung nötig sind.

Abb. 459. Das französische Luftschiff "Ville de Lucerne I".

 

In Frankreich hat sich die Automobilfirma A. Clément in Levallois durch die Konstruktion leistungsfähiger Luftschiffe einen guten Ruf erworben. Das in Abb. 459 dargestellte Passagier-Luftschiff „Ville de Lucerne“, das im Sommer täglich Luftreisen am Vierwaldstätter See unternimmt, ist von den Konstrukteuren der bekannten französischen Ballons „Ville de Paris“, Ville de Bordeaux“, „Clément Bayard“ usw. nach demselben Typ wie seine Vorgänger, dem unstarren System, gebaut. Mit seiner Länge von 60 m und seinem Maximaldurchmesser von 12 m besitzt es ein Fassungsvermögen von 4500 cbm. Die aus doppeltem Gewebe mit Kautschuküberzug bestehende Hülle wird lediglich mit reinem Wasserstoff gefüllt, der an Ort und Stelle in einem besonderen Gaswerk erzeugt wird.

Die „Ville de Lucerne 1“ ist von Spindelform und trägt hinten einen Schwanzansatz, der die Stabilität des Luftschiffes unbeschadet seiner schönen Linien erhöht.

Die 30 m lange Gondel besteht durchgängig aus Stahlrohren; mit ihrem viereckigen Querschnitt besitzt sie in ihrer ganzen Länge gleichen Widerstand. Im Mittelteil befindet sich die Kabine für Maschinisten, Steuerleute und Passagiere. Auf der Gondel sind ferner die Steuer angebracht, die von dem Steuermann betätigt werden; letzterer bedient auch die Vorrichtungen für den Antrieb und die Messung der Höhe, die sämtlich für ihn leicht erreichbar und übersichtlich angebracht sind.

Die Aufhängung der Gondel besteht aus einem Streifen starker Leinwand, der an die Ballonhülle angeklebt oder festgenäht ist. An diesem Streifen sind die Enden von Tragseilen befestigt, die ihrerseits mit den die Gondel tragenden Drahtseilen verbunden sind. Der Widerstand der Tragseile ist so groß, daß sie einen Zug, der das Zehnfache des normalen beträgt, noch gut aushalten können, wodurch jede Gefahr des Zerreißens beseitigt wird. Zum Antrieb des Luftschiffes ist ein Benzinmotor von Vierzylinderform und 110 PS. Leistung vorgesehen. Zur Bewegungsübertragung auf die Propellerschraube dient eine Längswelle, deren Geschwindigkeit durch ein Vorgelege reduziert wird. Die Propellerschraube besitzt nur zwei Flügel von großem Durchmesser (5 m); sie besteht durchgängig aus Nußbaumholz und entwickelt eine Maximalgeschwindigkeit von 400 Touren in der Minute. In Anbetracht dieser mäßigen Geschwindigkeit und seiner eigenartigen Form ist der Propeller gegen Zerbrechen wirksam geschützt. Seine Verbindung mit dem Motor kann nach Belieben hergestellt und gelöst werden.

Die „Ville de Lucerne 1“ trägt bei einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km in der Stunnde außer der Besatzung 10 bis 12 Passagiere nebst den zu einer ununterbrochenen Fahrt von 5 Stunden erforderlichen Vorräten an Brennstoffen und Ballast. Sie kann sich ohne Gefahr in die größten Höhen wagen und ein Niveau von 1500 m über dem Meeresspiegel mühelos erreichen.

Im allgemeinen herrscht die Ansicht, daß Frankreich das Flugwesen auf Kosten der Luftschiffahrt bevorzuge. Dies ist wohl auch zeitweise der Fall gewesen. Darin ist aber in der letzten Zeit ein Wandel eingetreten. Eine solche Unterschätzung des Gegners ist aber sehr gefährlich. Es ist deshalb, auch im Interesse unserer Heeresleitung sehr wichtig, dieser falschen Auffassung beizeiten entgegenzutreten. Ein sehr bemerkenswerter Artikel im Deutschen Offizier-Blatt weist nach, daß Frankreich in aller Stille dem Ausbau seiner Lenkballonflotte große Aufmerksamkeit und Sorgfalt gewidmet und sehr beachtenswerte Erfolge erzielt hat. Die französische Heeresverwaltung hat sich auf diesem Gebiete nicht von der öffentlichen Meinung beeinflussen lassen. Sie besitzt jetzt zwölf Luftschiffe, von denen sechs aus dem Baujahre 1911 stammen. Davon sind nach unseren Begriffen allerdings nur sieben kriegsbrauchbar, die übrigen fünf sind bereits veraltet, teils zu klein oder von zu geringem Wirkungsbereich. Hierzu kommen noch zwei Schiffe der Kompagnie Transaérienne, die im Frieden für Passagierfahrten bestimmt sind, im Kriegsfalle aber der Militärverwaltung zur Verfügung stehen. Alle Schiffe weisen aber nur geringe Geschwindigkeiten auf und stehen darin den unsrigen nach. (Drei Schiffe 15,5 Meter-Sekunden, die übrigen weniger.)

Im deutschen Heerwesen wird fortgesetzt an der Verbesserung der Militärluftschiffe gearbeitet. Neben den zwar schnelleren, aber einen kleineren Aktionsradius aufweisenden Aeroplanen hält man die lenkbaren Luftschiffe im Kriegsfalle für äußerst wichtig. Ebenso wie Zeppelin mit seiner neuen „Schwaben“ einen in vielen Beziehungen seine früheren Schiffe übertreffenden Typ geschaffen hat, ist man jetzt in Bitterfeld dabei, ein seine Vorgänger weit übertreffendes Parsevalschiff zu vollenden. Dieses, der „P L 11“ ist in den Montagearbeiten so weit fertiggestellt, daß man noch im Jahre 1912 mit den ersten Versuchsfahrten beginnen wird. Da die Militärverwaltung an seine Leistungsfähigkeit in bezug auf Tragkraft und vor allem Schnelligkeit ganz wesentlich höhere Anforderungen gestellt hat, stellt dieses Luftschiff eine bis zu einem gewissen Grade neue Konstruktion dar. So ist sein Volumen bis auf 10.000 cbm erhöht worden und übertrifft damit das bekannte, in Johannisthal stationierte Reklame- und Passagierluftschiff, den „P L 6“, um 3000 cbm. In der gegenüber der früheren sehr umfangreichen Gondel haben zwei Motoren zu je 200 PS. Aufstellung gefunden, so daß also 400 PS. Gegen 200 PS. Beim „P L 6“, zwei Propeller von riesigen Dimensionen – über 5 m im Durchmesser – antreiben. Man wird in der Annahme nicht fehlgehen, daß dieses Schiff gegenüber den bisherigen bedeutend größere Geschwindigkeiten erzielen kann. Der Aktionsradius wird ein erheblich größerer sein, da die Tragkraft des Schiffes die Mitnahme von großen Mengen Betriebsstoffen gestattet. Alles in allem erscheint die Erwartung gerechtfertigt, daß der „P L 11“ speziell als Kriegsluftschiff eine neue, wertvolle Errungenschaft darstellen wird.

Die Frage, ob in Zukunft die Luftmaschine oder der Motorballon größere Bedeutung erlangen wird, läßt sich jetzt noch nicht entscheiden. Major von Parseval kommt aber bei der Erörterung dieser Frage zu dem Ergebnisse, daß schon jetzt der Flugmaschine die größere Geschwindigkeit, dem Motorluftschiffe dagegen die größere Flugdauer und die größere Flughöhe zuzusprechen ist. Ob die Flugmaschine, wie von Parseval meint, bei genügender Betriebssicherheit viel leichter Verbreitung finden wird als der Motorballon, weil sie handlicher und billiger ist, bleibt abzuwarten. Zu einem Verkehrsmittel in größerem Maßstab ist sie jedenfalls bis jetzt noch weniger geeignet als das Motorluftschiff, weil sie außer dem Führer und höchstens noch zwei bis drei Mitfahrern weitere Lasten nicht aufzunehmen vermag.

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